Videobeitrag: Rede im Plenum des Deutschen Bundestages am 08.06.2018, TOP 23a, zum Thema Windenergie.
Gern stelle ich Ihnen meine Rede auch als Auszug aus dem Plenarprotokoll zur Verfügung:
Jens Koeppen (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Verlinden, die immer und immer wieder vorgetragene Forderung nach dem massiven und bedingungslosen und daher nutzlosen Ausbau der erneuerbaren Energien
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nutzlos?)
bringt die Energiewende nicht voran, sondern schadet ihr.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)
Mit dieser ideologischen, weltfremden und realitätsfernen Forderung schütten Sie letztendlich das Kind mit dem Bade aus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie eigentlich zugehört?)
Für Sie ist der reine Zubau der Erzeugungsanlagen der Maßstab des Erfolges. Es geht Ihnen eben nicht um eine sichere und verlässliche Energieversorgung in Deutschland, sondern für Sie zählen nur — rein theoretische übrigens und auf dem Papier stehende — CO2-Einsparungen. Das hat mit dem Klimaschutz nun wirklich sehr wenig zu tun.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): CO2-Einsparung hat nichts mit Klimaschutz zu tun? Hallo?!)
Sie fordern zum Beispiel für das Jahr 2018 zusätzlich 1,5 Gigawatt Wind an Land und 800 MW in PV-Anlagen. 2019 fortfolgend sollen es insgesamt 8 Gigawatt sein. Das ist eine reine Ausbauleistung, ein Weiter-so ohne Bedingung, meine Damen und Herren; das ist ein reiner Zubau, wohl wissend, dass der Großteil davon nicht genutzt werden kann.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bedingung heißt Kohleausstieg!)
Das Ergebnis: Die Anlagen werden abgeregelt, und trotzdem werden sie vergütet. Wenn sie nicht abgeregelt werden, muss mit Kohlestrom aus dem Süden nachgeregelt werden, um die Netze stabil zu halten.
Meine Damen und Herren, ich habe gesagt: Die Anlagen werden abgeregelt, fossile Energie muss gegengesteuert werden, und die Windmüller bekommen trotzdem ihre Vergütung. Das treibt die EEG-Vergütung in die Höhe, und die Stromkunden bezahlen letztendlich das Ticket. Also, es ist wie immer: blinder Zubau, wenig Nutzen, hohe Kosten. Alles das unter dem Deckmantel der CO2-Einsparung.
Aber wie viel CO2 spare ich denn ein, wenn ich blind zubaue, leistungsbezogen zubaue? Ist es denn da nicht klüger, einmal über eine arbeitsbezogene Einspeisung — also Kilowattstunden — nachzudenken und all das, was durch den Zähler fließt, zu vergüten?
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kilowattstunden werden immer eingespeist!)
Dann kommen wir der Sache doch viel näher.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie nehmen in Kauf, dass fossile Kraftwerke hochgefahren werden müssen, um die Netzstabilität abzusichern, statt dort — das hat Ihre Vorsitzende gerade wieder in einem Interview gesagt — Windanlagen abzuregeln, wo ein Netzproblem aufgrund der sehr hohen Windenergieeinspeisung besteht.
An dieser Stelle kommen Sie immer mit dem Märchen — das finde ich putzig -, dass der böse, böse Kohlestrom die Netze verstopft. Das müssen Sie einmal einem Techniker erklären. Das ist völlig absurd.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben es doch gerade gesagt! Sie haben doch gerade gesagt, die Windräder werden abgeschafft!)
Der Kohlestrom sichert doch erst eine Stabilität der Netze ab. Mit jedem zusätzlichen Windrad, das ich im Norden aufstelle, verschärft sich die Netzsituation und somit die Notwendigkeit für das Vorhalten von Kohlestrom.
Wie viel CO2 sparen Sie damit ein? Null Komma null. Sie streben mit solchen Forderungen gar nicht an, dass die erneuerbaren Energien eine verlässliche Kraft im Energiesystem werden, weil sie jede Anforderung an die System- und Netzdienlichkeit verhindern wollen. Somit können erneuerbare Energien in Ihrer energiepolitischen Traumwelt niemals die Rolle eines zuverlässigen Energieversorgers erfüllen.
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist das Problem! Sehr schöner Satz! Das sagt alles!)
Ist es da nicht besser und klüger, lieber Herr Krischer, einmal innezuhalten und — das geht insbesondere an die Adresse unseres Koalitionspartners — den Zubau der Anlagen an klare Kriterien zu knüpfen, anstatt die Menschen immer und immer wieder mit neuen, ungenutzten Anlagen, mit immer höheren Kosten zu beglücken.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Planwirtschaft wollen Sie!)
Ich schaue mir den Koalitionsvertrag an. Darin haben wir uns, lieber Herr Saathoff, einiges in die Arbeitsaufträge geschrieben.
Erstens — ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag, Seite 72 -: Voraussetzung für den Zubau von Anlagen „ist die Aufnahmefähigkeit der entsprechenden Netze“.
(Johann Saathoff (SPD): Südquote steht auch drin!)
Das ist so selbstverständlich; aber das mussten wir in den Koalitionsvertrag hineinschreiben.
Zweitens: stärkere Marktorientierung und Investitionen in Speichertechnologie. Das sollten wir deutschen Ingenieuren überlassen. Die brauchen keine Härtefallregelungen, die machen das sicher alleine.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann lassen Sie sie aber auch machen! Sie blockieren doch die Energiewende!)
Drittens: Digitalisierung und Netzoptimierung — Seite 72 -, „bundesweit einheitliche Übertragungsnetzentgelte“, das für mich entscheidendste Kriterium — Seite 73 — lese ich vor: Wir werden
…beim weiteren Ausbau der Windenergie an Land einen besseren Interessenausgleich zwischen Erneuerbaren-Branche einerseits und Naturschutz- und Anwohneranliegen andererseits gewährleisten;
Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Denn, wenn wir die Akzeptanz der Menschen nicht ernst nehmen — damit meine ich alle politisch Handelnden in Bund, Ländern und Kommunen -, dann wird uns unsere wunderschöne Energiewende um die Ohren fliegen.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wollen das ja, dass es uns um die Ohren fliegt)
Hier müssen wir ein deutliches Zeichen setzen: Wir brauchen wieder eine Länderöffnungsklausel oder etwas Adäquates. Das heißt, wir müssen den Menschen Abstände geben.
(Timon Gremmels (SPD): Das steht aber nicht im Koalitionsvertrag!)
- Das habe ich doch gerade vorgelesen. -
(Timon Gremmels (SPD): Nein!)
Die nächste Anlagengeneration wird eine Höhe von annähernd 250 Metern haben. Ich darf darauf hinweisen: Das Restaurant im Berliner Fernsehturm in der Kugel liegt in einer Höhe von 207 Metern. Jetzt stellen Sie sich einmal dass Szenario vor, dass eine Gemeinde von solchen Türmen umzingelt ist. Ich sage Ihnen: 800 Meter oder 1 000 Meter Abstand sind einfach zu wenig für Wohngebäude. Diese Anlagen gehören dort nicht hin.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)
In unserer Planungsgemeinschaft übrigens bekommt der Kranich eine Abstandsregelung mit 3 000 Meter und der Schreiadler mit 5 000 Metern. Hingegen findet Repowering mit Anlagen — auch Bestandsanlagen — in Größen, die ich eben genannt habe, in einer Entfernung von 800 Metern zur Wohnraumbebauung statt. Wie wollen Sie das den Menschen erklären? Ich kann das nicht mehr.
(Timon Gremmels (SPD): Laden Sie mich einmal ein! Ich komme gerne zu Ihnen in den Wahlkreis!)
Meine Damen und Herren, ich sage jedes Mal und immer wieder sehr gerne, dass Windenergieanlagen nicht in den Wald gehören. Der größte Co2-Speicher muss unter Ihrem Deckmantel der Co2-Einsparung gerodet werden, um dann eine Co2-arme Energieform in den Wald zu stellen. Das ist doch völlig absurd. Deswegen gehören auch Windenergieanlagen nicht in den Wald.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erzählen Sie uns mal, was Sie nicht absurd finden! Wie sieht denn Ihre Energiepolitik aus?)
Zu den Ausgleichsmaßnahmen: Ausgleichsmaßnahmen müssen dort stattfinden — wenn überhaupt -, wo Menschen und Landschaft und belastet werden und nirgendwo anders. Sie dürfen nicht in irgendeinem Fonds — wie in Brandenburg — versickern.
Wer nämlich möchte, dass die erneuerbaren Energien eine wachsende Bedeutung bei der Energieversorgung übernehmen, darf sie nicht weiterhin für Netz- und Systemdienste ausnehmen. Innovationen sind für das Gelingen der Energiewende entscheidend und nicht die Anzahl von Anlagen. Wir — damit meine ich uns alle — müssen bei der Überarbeitung des EEG genau hier ansetzen. Blinder Zubau und blinde volatile Einspeisung müssen und, ich glaube, werden in diesem Jahrzehnt ein Ende haben.
Bild © Jens Koeppen
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