Während zum Beispiel Über­schwem­mungen und Orkane als Naturkatas­tro­phen gel­ten, gehören Trock­en­heit, Frost und Starkre­gen zu den “Naturkatas­tro­phen gle­ichgestell­ten widri­gen Wit­terungsver­hält­nis­sen”. Für Hil­fen nach solchen außergewöhn­lichen Natur­ereignis­sen sind nach der ver­fas­sungsrechtlichen Kom­pe­ten­zverteilung zwis­chen Bund und Län­dern die Län­der zuständig.

Der Bund kann bei Naturkatas­tro­phen und ihnen gle­ich gestell­ten widri­gen Wit­terungsver­hält­nis­sen nur aus­nahm­sweise im Rah­men der gesamt­staatlichen Repräsen­ta­tion und Ver­ant­wor­tung finanzielle Hil­fe leis­ten. Voraus­set­zung für eine Hil­fe des Bun­des wäre nach der erwäh­n­ten Rah­men­richtlin­ie die Ein­stu­fung des Schadereigniss­es als „Ereig­nis von nationalem Aus­maß”. Ob diese Voraus­set­zung erfüllt ist, unter­liegt ein­er wer­tenden Ein­schätzung der Gesam­tum­stände des jew­eili­gen Schadereigniss­es. Unter Berück­sich­ti­gung der Höhe der ent­stande­nen Schä­den sollte hier­bei ins­beson­dere auf Aus­maß und Ver­bre­itungs­grad des Ereigniss­es abgestellt werden.

Ob die anhal­tende Trock­en­heit ein Ereig­nis von nationalem Aus­maß ist, kann erst entsch­ieden wer­den, wenn belast­bare Schadens­meldun­gen vor­liegen. Ein klares, aus­sagekräftiges Bild für die Dürre wird nach der Ern­te­bi­lanz erwartet. Die Län­der kön­nen auf Grund­lage ein­er nationalen Rah­men­richtlin­ie bei Naturkatas­tro­phen oder diesen gle­ichgestell­ten widri­gen Wit­terungsver­hält­nis­sen in der Land- und Forstwirtschaft Hil­fe in Form von Zuschüssen leis­ten. Das BMEL hat die Rah­men­richtlin­ie 2015 bei der Europäis­chen Kom­mis­sion genehmi­gen lassen, um Hil­fen in akuten Fällen zu ermöglichen.

• Im Fall von Naturkatas­tro­phen kön­nen bis zu 100 Prozent des Gesamtschadens aus­geglichen werden.

• Im Fall von widri­gen Wit­terungsver­hält­nis­sen kön­nen bis zu 80 Prozent des Gesamtschadens, in benachteiligten Gebi­eten zu 90 Prozent aus­geglichen wer­den, wenn mehr als 30 Prozent der durch­schnit­tlichen Jahre­serzeu­gung des betr­e­f­fend­en land­wirtschaftlichen Unternehmens zer­stört wurden.

• Voraus­set­zung ist, dass die zuständi­gen Behör­den die Ereignisse als Naturkatas­tro­phe oder widriges Wit­terungsver­hält­nis offiziell anerkennen.

Weit­ere Hilfsmöglichkeiten

Neben den spez­i­fis­chen Lan­des- oder Bun­deshil­fen kom­men weit­ere Hil­f­s­möglichkeit­en in Betracht.

Im Fall der Trock­en­heit sind dies:

• Die Land­wirtschaftliche Renten­bank hat ihr Liq­uid­itätssicherung­spro­gramm für Unternehmen der Land­wirtschaft, des Garten- und Wein­baus, die wegen Trock­en­heit und Unwet­ter 2018
Ertrag­sein­bußen oder Kosten­steigerun­gen zu verze­ich­nen haben, geöffnet.

• Die Län­der kön­nen ab 1. Juli 2018 zulassen, dass als ökol­o­gis­che Vor­rangflächen angemeldete Brach­flächen aus­nahm­sweise für Fut­terzwecke geern­tet wer­den dür­fen, wenn nicht ausreichend
Fut­ter zur Ver­fü­gung steht.

• Die Boden­ver­w­er­tungs- und ‑ver­wal­tungs GmbH gewährt von der Trock­en­heit betroffenen
Betrieben Pachtstundungen.

Nach­fol­gende Maß­nah­men kön­nten zusät­zlich ergrif­f­en werden:

• Die geschädigten Betriebe kön­nen Anträge auf Stun­dung von Steuer­schulden stellen.

• Die geschädigten Betriebe kön­nen Stun­dung der Sozialver­sicherungs­beiträge beantragen.

• Die Finanzbe­hör­den der Län­der kön­nen steuer­liche Vorauszahlun­gen anpassen und auf Säum­niszuschläge, Stun­dungszin­sen und Voll­streck­ungs­maß­nah­men verzichten.

Fut­ter­nutzung ökol­o­gis­ch­er Vorrangflächen

Das BMEL hat einen Verord­nungsen­twurf auf den Weg gebracht, der es den Bauern erlaubt, auch ökol­o­gis­che Vor­rangflächen zum Anbau von Zwis­chen­frucht­mis­chun­gen für Fut­terzwecke zu nutzen. Der Verord­nungsen­twurf ist am ver­gan­genen Mittwoch vom Bun­desk­abi­nett gebil­ligt wor­den. Er bedarf noch der Zus­tim­mung durch den Bundesrat.

Was wird geändert?

Die Direk­tzahlungs­durch­führungsverord­nung sieht vor, dass ökol­o­gis­che Vor­rangflächen mit Zwis­chen­fruch­tan­bau, die durch Aus­saat ein­er Zwis­chen­frucht­mis­chung angelegt wer­den, vom Ablauf des 1. Okto­ber bis zum Ablauf des 31. Dezem­ber des Antrags­jahres mit dieser Zwis­chen­frucht­mis­chung bestellt sein müssen. Im Antrags­jahr ist nur eine Bewei­dung mit Schafen und Ziegen zuläs­sig. Nach der Agrarzahlun­gen-Verpflich­tungsverord­nung beste­ht die Pflicht, die Zwis­chen­früchte bis zum 15. Feb­ru­ar des näch­sten Jahres auf der Fläche zu belassen (bzw. wenn die Län­der dies regeln bis zum 15. Jan­u­ar) und nur eine Nutzung durch Bewei­dung zuläs­sig ist.

Durch die o.g. Verord­nungsän­derung sollen bei­de Vorschriften dahinge­hend geän­dert wer­den, dass die zuständi­gen Behör­den der Län­der die Befug­nis erhal­ten, dass im Jahr 2018 im Einzelfall auf Antrag für Betrieb­sin­hab­er in Gebi­eten, in denen auf­grund außergewöhn­lich­er Wit­terungsereignisse nicht aus­re­ichend Fut­ter zur Ver­fü­gung ste­ht oder ste­hen wird, an die Stelle der vor­ge­nan­nten Regelun­gen ein betrieb­s­be­zo­gen­er Zeitraum von 8 Wochen tritt, nach dessen Ablauf der Aufwuchs durch Bewei­dung mit Tieren bzw. durch eine Schnit­tnutzung für Fut­terzwecke zuläs­sig ist. Unab­hängig davon sind aber die Zwis­chen­früchte weit­er auf der Fläche zu belassen, ein Umpflü­gen ist also nicht zulässig.

Die Zwis­chen­frucht­mis­chun­gen auf den ökol­o­gis­chen Vor­rangflächen (ÖVF) kön­nen, soweit die Wit­terungs­be­din­gun­gen dies zulassen, bere­its jet­zt aus­gesät wer­den. Eine Nutzung für Fut­terzwecke wäre dann nach Inkraft­treten der Verord­nung und Ablauf des fest­gelegten betrieb­sin­di­vidu­ellen Zeitraums von acht Wochen bei Vor­liegen ein­er Genehmi­gung bere­its ab Ende Sep­tem­ber möglich.

Land­wirte, die inter­essiert sind, diese geplante Möglichkeit zu nutzen, soll­ten daher vor­sor­glich die Aus­saat sowie bere­its erfol­gte Aus­saat­en auf ihren Flächen mit ÖVF-Zwis­chen­frucht­mis­chun­gen in geeigneter Weise doku­men­tieren, zum Beispiel durch Fotos mit automa­tis­ch­er Ort- und Datumsangabe.

Hin­ter­grund:

Was sind ökol­o­gis­che Vorrangflächen?

Beim soge­nan­nten Green­ing im Rah­men der Gemein­samen Agrar­poli­tik (GAP) müssen land­wirtschaftliche Betriebe fünf Prozent ihrer Ack­er­flächen als ökol­o­gis­che Vor­rangflächen (ÖVF) bere­it­stellen. Sie müssen im Umwelt­in­ter­esse genutzt wer­den, zum Beispiel für Heck­en oder als Puffer­streifen zu Gewässern. Eine land­wirtschaftliche Nutzung ist unter bes­timmten Bedin­gun­gen aber
zuläs­sig, so etwa zum Anbau von Zwischenfrüchten.

Was sind Zwischenfrüchte?

Zwis­chen­früchte wer­den in den saison­al bed­ingten Lück­en zwis­chen zwei Haup­tkul­turen als Gründün­gung oder zur Nutzung als Tier­fut­ter ange­baut. Durch einen Zwis­chen­fruch­tan­bau lassen sich zum Beispiel auch geschädigte Böden regener­ieren. Zwis­chen­früchte sind etwa Rotk­lee, Man­gold und Rauhafer.

Forstwirtschaft

Voraus­set­zung für Hil­fen bei Dürre in der Forstwirtschaft ist, dass min­destens 20 Prozent des forstwirtschaftlichen Poten­zials des betr­e­f­fend­en forstwirtschaftlichen Unternehmens zer­stört wurde. Die Hil­fen richt­en sich in der Forstwirtschaft nach den Wieder­her­stel­lungskosten. Es gel­ten anson­sten diesel­ben Bedin­gun­gen wie in der Landwirtschaft.

Erhe­bung von Schadensmeldungen

Das Sta­tis­tis­che Bun­de­samt fasst jährlich die in Deutsch­land von den Län­dern gemelde­ten außeror­dentlichen Holzein­schläge getren­nt nach Schaden­sur­sache (Sturm, Schnee­bruch, neuar­tige Wald­schä­den, Insek­ten­schä­den und son­stige Schä­den) zusam­men. Wald­brände, deren Ursachen sowie die damit ver­bun­de­nen wirtschaftlichen Schä­den erfasst die Bun­de­sanstalt für Land­wirtschaft und Ernährung. Die jew­eili­gen Dat­en wer­den für das ver­gan­gene Jahr erhoben und veröf­fentlicht. Für das Jahr 2018 liegen der Bun­desregierung dem­nach noch keine Infor­ma­tio­nen vor.

Hil­fen aus dem EU-Solidaritätsfonds

Hil­fen aus dem EU-Sol­i­dar­itäts­fonds, wie sie im Jahr 2007 bei dem Orkantief “Kyrill” gewährt wur­den, kom­men dann in Betra­cht, wenn ein Schaden von über 3 Mil­liar­den Euro oder von mehr als 0,6 Prozent des Brut­toin­land­pro­duk­tes ent­standen ist.

Weit­ere Hil­f­s­möglichkeit­en bei außergewöhn­lichen Naturereignissen

• Die Förder­grund­sätze für forstwirtschaftliche Maß­nah­men der Gemein­schaft­sauf­gabe “Verbesserung der Agrarstruk­tur und des Küsten­schutzes” (GAK) bieten Möglichkeit­en, die von Wurf, Bruch, Wald­brand oder son­sti­gen Schadereignis­sen betrof­fe­nen Betriebe beispiel­sweise durch Förderung des Wege­baus, der Anlage von Hol­zlager­plätzen sowie der Wieder­auf­forstung geschädigter Flächen, zu unter­stützen. Voraus­set­zung ist, dass die Län­der diese Maß­nah­men in ihren Förder­richtlin­ien umge­set­zt haben.

• Im Rah­men des zwis­chen Bund und Län­dern abges­timmten “Kat­a­logs steuer­lich­er Erle­ichterun­gen” kön­nen zudem Maß­nah­men auf Lan­desebene in Kraft geset­zt wer­den, zu denen die steuer­freie Rück­lage und eine Regelung zählen, wonach für die Nutzung von Holz, das durch Natur­ereignisse beschädigt ist (Kalamität­shölz­ern), vergün­stigte Einkom­men­steuer­sätze gel­ten. Als Bil­ligkeits­maß­nah­men kön­nen die Län­der die Anpas­sung der Einkom­men­steuer­vo­rauszahlun­gen, die Stun­dung der Einkom­men­steuer oder in Aus­nah­me­fällen den Erlass der Einkom­men­steuer anordnen.

• Die Sozialver­sicherung für Land­wirtschaft, Forsten und Garten­bau kann auf Antrag fäl­lige Sozialver­sicherungs­beiträge stun­den, wenn die sofor­tige Einziehung mit erhe­blichen Härten für die beitragspflichti­gen Land- und Forstwirte ver­bun­den wäre und der Anspruch durch die Stun­dung nicht gefährdet wird.

• Die Län­der kön­nen gemein­sam mit der Land­wirtschaftlichen Renten­bank ein durch Lan­desmit­tel bezuschusstes Dar­lehen­spro­gramm für die betrof­fe­nen Betriebe auflegen.

• Wenn durch außergewöhn­liche Natur­ereignisse große Men­gen an Holz anfall­en, die zu erhe­blichen und über­re­gionalen Mark­t­störun­gen führen, kann der Bund mit Zus­tim­mung des Bun­desrates das Forstschä­den-Aus­gle­ichs­ge­setz anzuwen­den. Es sieht den Erlass ein­er Ein­schlags­beschränkung für Waldbe­sitzer in nicht vom Sturm betrof­fe­nen Regio­nen vor.

• Das Bun­desmin­is­teri­um für Verkehr und dig­i­tale Infra­struk­tur (BMVI) bietet bei Eng­pässe beim Abtrans­port von Holz, das durch Natur­ereignisse beschädigt ist, die Möglichkeit, eine Aus­nahme vom Kab­o­tage­ver­bot zu erlassen: Aus­ländis­che Spedi­teure kön­nen hier­durch für einen befris­teten Zeitraum Trans­portleis­tun­gen in Deutsch­land durch­führen. Die Län­der kön­nen zudem zeitlich befris­tete Aus­nah­megenehmi­gun­gen erlassen und die zuläs­si­gen Gesamt­gewichte für die Holz­trans­porte von 40 auf 44 Ton­nen erhöhen.

Bild © Jens Koeppen