Berliner Erklärung
anlässlich der Klausurtagung der ostdeutschen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter Leitung ihres Sprechers und stellv. Fraktionsvorsitzenden Arnold Vaatz am 31. März/1. April 2019 in Berlin
Der Aufbau Ost bleibt nach wie vor eine wichtige gesamtdeutsche Aufgabe. In den kommenden Jahren wollen wir, dass der Aufbau Ost auch weiter erfolgreich fortgesetzt werden kann. Die vollständige Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West bleibt das Ziel unserer Politik. Die auf Ostdeutschland bezogenen Teile des Koalitionsvertrages wollen wir zeitnah vollständig umsetzen.
Die CDU ist die Stimme der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Ländern. Wir schenken den berechtigten Anliegen der Menschen Gehör und wollen so dazu beitragen, das Vertrauen in die Politik zu stärken.
Wir unterstützen die ostdeutschen CDU-Landesverbände und wollen, dass die CDU bei den anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen als stärkste politische Kraft hervorgeht.
Voraussetzung für gelungene politische Gestaltung sind solide Finanzen. Angesichts der demografischen Entwicklung müssen wir darauf achten, dass die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Ostdeutschland sichergestellt ist.
Wir Christdemokraten wollen in dieser Legislaturperiode erreichen, dass:
- allen Regionen faire Chancen auf Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben für alle Bürgerinnen und Bürger erhalten, damit gleichwertige Lebensverhältnisse geschaffen werden
- die vom Braunkohle-Ausstieg betroffenen ostdeutschen Länder hinreichende Strukturmittel erhalten, die den Wohlstand und Arbeitsplätze der Menschen in den Regionen vor Ort sichern
- Ostdeutschland auch nach Ende des Solidarpakts II weiter angemessen finanziell unterstützt wird
- die ostdeutsche Schuldenstandsquote auf beiden staatlichen Ebenen sinkt
- die Investitionskraft von Bund, Ländern und Kommunen sichergestellt ist
- die Investitionssteigerungen in Bildung und Forschung verstetigt werden
- die Bildungsinhalte den Anforderungen der Digitalisierung entsprechen, die im Rahmen des Digitalpaktes didaktisch neu gestaltet werden
- eine leistungsfähige und modernisierte Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt wird
- Startups im verstärkten Maße zur Belebung der Wirtschaft gefördert werden
- die Gesundheits- und Pflegeversorgung auch und gerade im ländlichen Raum verbessert und nachhaltig gestärkt wird
30 Jahre Friedliche Revolution in der DDR
Vor 30 Jahren haben die Menschen in Ostdeutschland die friedliche Revolution eingeleitet, die schließlich am 9. November 1989 zum Fall der Berliner Mauer führte.
Dass wir heute ein Deutschland – und auch ein Europa – erleben dürfen, das in Frieden und Freiheit wiedervereinigt ist, verdanken wir auch in hohem Maße der CDU-geführten Regierung von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl. Wer sich die Äußerungen verschiedenster Repräsentanten aus den politischen Führungsetagen der Bundesrepublik Deutschland in den 1980er Jahren und noch bis tief in das Jahr 1990 hinein vergegenwärtigt, der musste den Eindruck gewinnen, dass es im Jahr 1990 für einen Bundeskanzler leichter gewesen wäre die deutsche Wiedervereinigung zu verhindern, als sie zu verwirklichen. Es war die Regierung von Helmut Kohl, die die Nachbarn und Partner Deutschlands und die Siegermächte des 2. Weltkriegs davon überzeugte, dass eine Zweistaatlichkeit weitaus größere Probleme für die Zukunft Europas mit sich gebracht hätte, als eine deutsche Wiedervereinigung und dieselbe schließlich in Frieden, Freiheit und nach demokratischen Regeln zu erreichen.
Der Aufbau Ost ist dank einer beispiellosen gemeinsamen Solidarleistung auf einem guten Weg. Die Brüche, die dabei zu verzeichnen sind – in den Biographien der Menschen, in der wirtschaftlichen Bedeutung von Territorien, in der Bevölkerungsstruktur Ostdeutschlands und nicht zuletzt in den Gefühlen der ehemaligen DDR-Bürger – sind bedeutende Herausforderungen, mit denen wir noch viele Jahre konfrontiert sein werden.
Wir wollen mit vielfältigen Veranstaltungen und Projekten – auch in unseren Wahlkreisen – an die bewegende Zeit erinnern, als Menschen für Freiheit, Demokratie und ein besseres Leben gekämpft haben. Wir wollen, dass die vorliegenden Forschungsergebnisse zur DDR-Diktatur als Lehrstoff in allen Schulen in den alten und neuen Ländern aufgenommen werden. Das sollte von einer öffentlichen Diskussion, die von Politik und Medien angestoßen wird, begleitet werden. Wenn 15-jährige den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie nicht lernen, ist eine öffentliche Bildungsoffensive gerade im 30. Jahr des Mauerfalls notwendig.
Wir setzen uns dafür ein, dass der in den zurückliegenden 30 Jahren in Ostdeutschland erfolgte vielfältige Transformationsprozess des Überganges in das politische und wirtschaftliche System der Bundesrepublik Deutschland wissenschaftlich dokumentiert und aufgearbeitet wird. Bund und Länder sollen dazu vorhandene Forschungseinrichtungen des Ostens mit der erforderlichen Förderung ausstatten. Schwerpunkte der Aufarbeitung sind der vollzogene Wandel in der Wirtschaft und in der Arbeitswelt sowie in den Industriekulturlandschaften in den verschiedenen Regionen Ostdeutschlands ausgehend von der Lage in der DDR 1989. Dazu gehört auch der Neuaufbau der Wirtschaftslandschaft.
Aufarbeitung des SED-Unrechts fortsetzen
Die Arbeit der Stasiunterlagenbehörde bleibt ein unerlässlicher Bestandteil der Erinnerungs- und Aufarbeitungslandschaft. Zur Zukunft der Stasiunterlagen stehen für uns der Erhalt des bisherigen Aktenzugangs und des besonderen Charakters des Stasiunterlagenarchivs im Mittelpunkt. Mögliche strukturelle Veränderungen sollen auch Verbesserungen mit sich bringen. Die Stimme der Opfer und Bürgerrechtler hat dabei für uns besonderes Gewicht. Die Aufarbeitung in Forschungsverbänden muss fortgesetzt und veröffentlicht werden. Diese Arbeit muss weiter finanziell unterstützt werden.
Unter dem Begriff Zwangsadoption in der SBZ/DDR summieren sich Vorgänge von Kindeswegnahmen, die bisher nicht oder nur unzureichend untersucht wurden. Sie stehen vielfach in Zusammenhang mit politischer Haft, Ausreise oder anderweitiger politisch motivierter Repression gegen die leiblichen Eltern. Vom Fraktionsvorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde im September 2018 ein Eckpunktepapier zur Aufklärung von Zwangsadoptionen in der DDR beschlossen. Mit einem Antrag „Aufarbeitung Zwangsadoption in der SBZ/DDR 1945–1989“ wollen wir die Aufarbeitung und Aufklärung von Zwangsadoptionen sowie die Verbesserung der Situation der Betroffenen sicherstellen, die auch eine zentrale Vermittlungsstelle, die Errichtung einer DNA-Datenbank sowie eine Prüfung der Rehabilitierungsgesetze vorsieht.
Ein besonders bezeichnendes Charakteristikum des Unrechtsstaates DDR war die Aufnahme von RAF-Mitgliedern, die als Ideologie mordeten und in der DDR offiziell mit Hilfe der Stasi versteckt wurden. Dieses Kapitel muss weiter aufgearbeitet werden und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, als Grundlage für Diskussionen um den Unrechtsstaat DDR.
Wir begrüßen die Errichtung des Einheits- und Freiheitsdenkmals in Berlin. Wir sind der Überzeugung, dass ein solches Denkmal als Erinnerung an diese sehr positiven Ereignisse in der deutschen Geschichte richtig und wichtig ist. Ein erneuter Anlauf für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig muss in Ruhe und mit Sorgfalt angegangen werden. Die Konzentration auf ein Denkmal in Leipzig als dem symbolischen Ort der friedlichen Revolution scheint hier sinnvoll zu sein.
Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse
Nach wie vor besteht eine flächendeckende Strukturschwäche mit Wachstumsinseln in den Neuen Ländern, während Strukturschwäche in den alten Ländern regional begrenzt ist. Die Altersstruktur ist — in Folge der massiven Wanderungsbewegung — in vielen ostdeutschen Kommunen ungünstig. Allerdings ist just erstmals seit der Wiedervereinigung eine Trendwende festzuhalten: Mehr Menschen sind aus Westdeutschland in ostdeutsche Bundesländer gezogen als umgekehrt. Wanderungsgewinner sind vor allem Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.
Die neue Koalition verfolgt das Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Sie hat dazu die Kommission “Gleichwertige Lebensverhältnisse” eingesetzt, die im Juli 2019 einen Bericht mit konkreten Vorschlägen vorlegen wird. Die sechs Facharbeitsgruppen der Kommission decken vielfältige Lebensbereiche ab. Zudem sitzen unter dem Vorsitz des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat in der Kommission alle föderalen Ebenen an einem Tisch. Es besteht eine echte Chance, mit aktiver staatlicher Strukturpolitik die bestehenden Gegensätze abzumildern und flächendeckend positive Momente zu schaffen.
Gleichwertige Lebensverhältnisse lassen Unterschiede zu. Die Vielfalt unterschiedlicher Regionen bereichert unser Land. Es kommt aber auch darauf an, in allen Regionen faire Chancen auf Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben für alle Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Die Kommission soll die Weichen stellen für eine neue Strukturpolitik mit Substanz und einem großen Augenmerk auf den neuen Ländern.
Als Strukturstärkungsinstrument fordern wir die konsequente Umsetzung und Einhaltung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Dezentralisierungsstrategie. Neben der notwendigen Ansiedlung von Bundesbehörden im ländlichen Raum, bspw. dem Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau, muss ein nachhaltiges Engagement dieser Behörden in den Regionen implementiert werden. Eine Ansiedlung ist für uns gleichbedeutend, dass die Mehrheit der Mitarbeiter an diesem Standort ihren Dienstsitz haben und das gleichzeitig die Mehrheit der Veranstaltungen an diesem Standort stattfinden. So erreichen wir eine spürbare Erhöhung der Wertschöpfung in den ländlichen Regionen der neuen Länder.
Braunkohle-Ausstieg
Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung muss in einem Bundesgesetz geregelt werden. In dem Gesetz müssten unter anderem die Finanzmittel oder geplante Infrastrukturmaßnahmen konkret festgelegt werden.
Wir wollen, dass der Braunkohle-Ausstieg zu einem Modell eines gelungenen und von den Menschen mitgetragenen Strukturwandels wird. Ein harter Strukturbruch wie 1990 nach dem Ende der DDR darf sich bei der Kohle keinesfalls wiederholen. Die betroffenen Industriearbeitsplätze müssen vollumfänglich ersetzt werden, damit das wirtschaftliche und soziale Gefüge der Kohleregionen intakt bleibt. Gleichzeitig müssen konkrete wirtschaftliche Perspektiven mit guten Beschäftigungsmöglichkeiten jetzt und nicht irgendwann entstehen. Voraussetzung dafür sind unter anderem die öffentliche Förderung von Investitionen und Unternehmensansiedlungen, der Ausbau der verkehrstechnischen und digitalen Infrastruktur sowie die Förderung der Innovationskraft mittelständischer Unternehmen in der Region. Hierzu soll auch eine vorzugsweise in Ostdeutschland erfolgende Ansiedelung neuer Bundeseinrichtungen beitragen. Beim Braunkohleausstieg ist zudem auf die wasserwirtschaftlichen Folgen zu achten. Schließlich drohen hier qualitative und quantitative Probleme.
Verkehrs- und Netzinfrastruktur ausbauen
Mit dem Investitionshochlauf für die bundeseigene Verkehrsinfrastruktur wird es möglich, durch mehr Erhaltung den Werteverzehr der Verkehrswege zu stoppen bzw. zu Verbesserungen zu kommen und die vordringlichen Neu- und Ausbauprojekte realisieren zu können. Insbesondere für die Bundesfernstraßen sind erheblich mehr Ressourcen erforderlich, um die zur Verfügung stehenden Finanzmittel auch zeitnah und effizient einzusetzen.
Für Ostdeutschland ist die forcierte Realisierung der transeuropäischen Schienenverkehrskorridore zu berücksichtigen und der Ausbau bzw. die Elektrifizierung grenzüberschreitender Schienenstrecken in die osteuropäischen Nachbarländer herzustellen. Investitionen in die Infrastruktur müssen für die Beseitigung fehlender Städteanbindungen im Schienenfernverkehrsnetz in Ostdeutschland und eine attraktive Vertaktung des Fernverkehrs mit dem Nahverkehr eingesetzt werden.
Auch sind die großen Potenziale des ostdeutschen Wasserstraßennetzes für den Güterverkehr, insbesondere der Elbe, durch ihre zügige Ertüchtigung zu nutzen. Das Gesamtkonzept Elbe ist überfällig. Die einsetzende Abwanderung von Produktionsstätten aufgrund der nicht absehbaren Verbesserung der Verbindungs- und Anbindungsqualitäten kann nur durch Investitionen in die Infrastruktur begegnet werden. Dies beinhaltet die Sanierung von Brücken, auch innerorts für den Schwerlastverkehr. Auch der Wassertourismus ist ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. Zu dessen Förderung müssen bei Wasserstraßen unterhalb der Kategorie A die Schleusen ertüchtigt und bedarfsgerecht mit Personal ausgestattet werden.
Mit den Förderprogrammen von Bund und Ländern für den Breitbandausbau ist der finanzielle Grundstein für die angestrebte flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet gelegt, um die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung gerade in strukturschwachen Regionen zu verbessern. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetz-Gesetz) werden kostensparende Synergien wie die Mitbenutzung von Versorgungsnetzen für Energie und Abwasser sowie die Infrastrukturen von Straßen, Schienen- und Wasserwegen ermöglicht.
Die Verteilung der vom Bund künftig bereitgestellten Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) darf nicht zur Benachteiligung der ostdeutschen Länder führen. Nur so ist die dringend erforderliche Planungs- und Finanzierungssicherheit für die Länder und Kommunen herzustellen. Es sollten neue Modelle des Personennahverkehrs gefördert und getestet werden, beispielsweise Mitfahrgelegenheiten in Krankenhäuser, Arztpraxen und Einkaufzentren im ländlichen Raum.
Rente: Angleichung der Rentenwerte geht voran
Das geltende Rentenrecht ist für die Rentner und Beitragszahler in Ostdeutschland ein großer Erfolg. Es sichert, dass mit den weiteren Steigerungen der Löhne und Gehälter auch die Renten angeglichen werden. Es bewirkt, dass die in Ostdeutschland im Durchschnitt nach wie vor niedrigeren Bruttoarbeitsentgelte keine negativen Auswirkungen auf die Rentenberechnung haben. Ursache dafür ist der Vorteil der Höherwertung ostdeutscher Löhne um gut 8 Prozent, der den Nachteil des um knapp 4 Prozent niedrigeren Rentenwerts ausgleicht.
Eine vorgezogene Rentenangleichung ist hingegen nicht im Interesse Ostdeutschlands. Die klaren Verlierer einer vorzeitigen Rentenangleichung wären die jetzigen Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern. Sie würden bei einer vorzeitigen Angleichung zwangsläufig auch die so genannte Höherbewertung ihrer im Durchschnitt niedrigeren Ost-Löhne verlieren. Mit dem in der 18. Wahlperiode beschlossenen Fahrplan zur Angleichung des Rentenwertes (Ost) an den Rentenwert ist die Angleichung sichergestellt und erfolgt spätestens im Jahr 2024.
In diesem Jahr können wir nach geltendem Rentenrecht für Ostdeutschland wieder eine deutlich höhere Steigerung der Rente in Ostdeutschland gegenüber Westdeutschland verzeichnen. So werden zum 1. Juli 2019 die Renten in Ostdeutschland um 3,91 Prozent steigen, in den alten Ländern um 3,18 Prozent. Der aktuelle Rentenwert (Ost) steigt von 30,69 Euro auf 31,89 Euro. Dies bedeutet eine Steigerung von zuletzt 95,8 Prozent auf 96,5 Prozent des aktuellen Rentenwerts von 33,05 Euro in den alten Ländern. Die Entwicklung zeigt, dass die Rentenanpassungsformel wirkt.
Bildung und Forschung forcieren
Bildung und Forschung werden in Teilen Ostdeutschlands auf einem hohen Niveau betrieben. So zeigen wieder die jüngsten Ergebnisse aus dem Bildungsmonitor 2016, dass insbesondere Sachsen und Thüringen beim bundesweiten Schulvergleich in Mathematik und Naturwissenschaften führend sind.
Von erheblicher Bedeutung für den zukünftigen Aufholprozess sind wirkungsvolle Investitionen in Bildung und Forschung. Dabei weisen Kennziffern wie beispielsweise die hohen Schulabbrecherquoten in den neuen Bundesländern auf einen erheblichen qualitativen Handlungsbedarf hin. Die ostdeutschen Schulen sind das Thema Inklusion engagiert angegangen. Mehr als ein Viertel der ostdeutschen Schüler mit Förderbedarf besuchen mittlerweile eine Regelschule. Wir wollen eine optimale Förderung für jedes Kind. Dabei werden Schulen, die auf die Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen spezialisiert sind (Förderschulen), weiterhin den entscheidenden Beitrag leisten. Der Digitalpakt sollte dazu genutzt werden, die Bildungsinhalte neu zu definieren und didaktische Aufbereitung neben dem Bereitstellen der technischen Voraussetzungen zum Schwerpunkt zu machen. Hier können die neuen Länder zum Vorreiter werden, da sie über hervorragende Lehrpläne in Naturwissenschaften und Technik verfügen (die deutschen Auslandsschulen unterrichten nach Thüringer Lehrplänen mit großem Erfolg). Hier könnte ein Transfer von Ost nach West für die Zukunft eine Qualitätsverbesserung für Gesamtdeutschland bewirken.
Es ist in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, in Ostdeutschland eine international konkurrenzfähige Wissenschafts- und Forschungslandschaft zu entwickeln. Die neu aufgebaute Forschungslandschaft hat sich in der nationalen und internationalen Wissenschaftslandschaft etabliert und ist anerkannt. Der Erfolg einzelner ostdeutscher Hochschulen in der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern ist hervorzuheben. Demnach sind zusätzliche Mittel erforderlich, um den Erfolg in der Fläche zu verstetigen. In den neuen Ländern ist die Kooperation zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gut entwickelt, die Clusterbildung zur Industrie muss verstärkt gefördert werden. Hierbei kommt den klein- und mittelständischen Betrieben, die die ostdeutsche Industrielandschaft charakterisieren, besondere Bedeutung. Dies gilt vorrangig für die Einbeziehung privatwirtschaftlicher Forschung. Hier hat insbesondere die chemische Industrie Mitteldeutschlands Vorbildcharakter.
Die unternehmensgetragene Forschungsstruktur ist im Vergleich zu Westdeutschland immer noch geringer. Der Anteil der privatfinanzierten Forschungskapazitäten in den neuen Ländern liegt bei rund 30 Prozent und öffentlich bei rund 70 Prozent. Programme wie zum Beispiel „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ sind daher weiterhin notwendig, um strukturelle Unterschiede zwischen Ost und West abzubauen. Hierzu sind auch weiterhin Anreize zu setzen, um den Anteil der Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung gerade bei mittelständischen Unternehmen weiter zu erhöhen.
Städtebau- und Kulturförderung sichern
Mit der Städtebauförderung wird ein zusätzliches Investitionsvolumen angestoßen, welches Arbeitsplätze im regionalen Handwerk und Baugewerbe schafft und sichert. Städtebauliche Missstände werden beseitigt, Innenstädte und Ortszentren entwickelt und Kommunen bei der Bewältigung des wirtschaftlichen, sozialen, demographischen und ökologischen Wandels unterstützt. Die Städtebauförderung, die weitere touristische Erschließung ländlicher Regionen durch Aufwertung der Stadt- und Ortskerne und die Rettung und Sanierung gefährdeter Bau- und Kulturdenkmäler kommen direkt dem Tourismus zugute und sind ein entscheidender Wirtschaftsfaktor.
Das Bauhausjubiläum 2019 muss als gesellschaftliches, kulturelles und touristisches Ereigniss von Weltrang genutzt werden, um national und international für die UNESCO-Weltkulturerbestätten sowie die gesamte Kultur- und Reiseregion Ostdeutschland zu werben und die touristische Infrastruktur zu fördern.
Gute medizinische und pflegerische Versorgung
Damit die Menschen auf dem Land solange wie möglich selbständig in ihrer ländlichen Heimat leben können, müssen Ärzte, Krankenhäuser, Notfallversorgung, Apotheken, Hebammen und Pflegepersonal erreichbar bleiben. Auch hier gilt: Medizinische Versorgung im ländlichen Raum muss die gleiche Qualität haben wie in Städten. Hierzu ist es sinnvoll mit Pilotprojekten den demographischen Herausforderungen wirksam zu begegnen. Neben dem Ausbau von Medizinischen Versorgungszentren sollten auch ergänzend die Möglichkeiten der Telemedizin erweitert werden.
Bild © Dr. Alexander Mislin
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