Rede im Plenum des Deutschen Bun­destages, am 25.10.2019, TOP 25, zum The­ma “Meis­ter­brief” (Änderung der Handw­erk­sor­d­nung und ander­er handw­erk­srechtlich­er Vorschriften).

Gern kön­nen Sie die Rede als Videobeitrag anschauen. Zusät­zlich stelle ich Ihnen gern den Auszug aus dem Ple­narpro­tokoll zur Verfügung.

Jens Koep­pen (CDU/CSU):

Vie­len Dank. — Frau Präsi­dentin! Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen! Liebe Män­ner und Frauen im deutschen Handw­erk! Der vor­liegende Geset­zen­twurf zur Änderung der Handw­erk­sor­d­nung wurde notwendig, weil wir Fehlen­twick­lun­gen ent­ge­gen­wirken müssen, aber auch, weil wir die Sicherung des deutschen Handw­erks im Blick haben und vor allen Din­gen den Meis­ter­ti­tel stärken wollen.

Seit der Nov­el­le im Jahr 2003 — es wurde mehrfach ange­sprochen — haben sich die Wirtschaft und ins­beson­dere das deutsche Handw­erk grundle­gend verän­dert. Mit der Nov­el­lierung der Handw­erk­sor­d­nung im Jahre 2003 sollte der angeschla­ge­nen Wirtschaft geholfen wer­den. Man hat im Zuge der Nov­el­le ver­sucht, durch die Rück­über­führung einiger Handw­erke aus der Anlage A in die Anlage B mehr Betriebe zu gener­ieren, mehr Beschäf­ti­gung zu gener­ieren, mehr Grün­dung im Handw­erk zu gener­ieren und generell neue Impulse zu setzen.

Das war vor 16 Jahren, und natür­lich war die Sit­u­a­tion damals eine andere. Da hat­ten wir eine Arbeit­slosen­quote von 11 Prozent, über 5 Mil­lio­nen Men­schen waren in Arbeit­slosigkeit. Es gab zuhauf gute Aus­bil­dungswillige, gute Gesellen. Heute hat sich das Bild kom­plett gedreht: Wir haben eine Arbeit­slosen­quote von unter 5 Prozent; das entsprach im August 2019 unge­fähr 2,3 Mil­lio­nen Men­schen. Die Jugen­dar­beit­slosigkeit in Deutsch­land lag im Jahre 2018 im Schnitt bei 4,7 Prozent; in Europa lag sie bei 12 Prozent. Das ist also ein Zeichen, dass das Sys­tem funk­tion­iert. Wir haben zurzeit aber einen mas­siv­en Fachkräftemangel.

Die Maß­nah­men damals waren gut gemeint und ver­ständlich, aber die Erwartun­gen haben sich nicht erfüllt. Was ist passiert? Die guten Gesellen haben die Betriebe, die Meis­ter­be­triebe ver­lassen und gesagt: Ich mache mich selb­st­ständig, ich gründe ein eigenes Unternehmen. — Das hat eine Menge Betriebe gener­iert, aber nicht genü­gend Beschäf­ti­gung, anders als man sich das erhofft hat. Es gab viele Soloselb­st­ständi­ge, aber auch viele Insol­ven­zen und Gewährleis­tung­sprob­leme. Vor allen Din­gen ging die Aus­bil­dung im Bere­ich der Handw­erke der Anlage B mas­siv zurück, und es gab einen Qual­itäts- und Vertrauensverlust.

Dieser Fehlen­twick­lung wollen wir nun ent­ge­gen­treten. Das ist keine Rolle rück­wärts und auch keine „Rück­ver­meis­terung“; denn so etwas gibt es ja let­z­tendlich nicht bzw. kann es auch gar nicht geben. Vielmehr geht es um die Stärkung des deutschen Handw­erks, und dafür ste­hen wir, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abge­ord­neten der CDU/CSU und der Abg. Sabine Poschmann (SPD))

Es geht auch um eine Stärkung des Meis­ter­ti­tels. Wofür ste­ht denn der deutsche Meis­ter? Das ist ein einzi­gar­tiger Qual­itäts­stan­dard, ein Zer­ti­fikat an sich. Er ste­ht für Qual­ität, für Qual­i­fika­tion, für Ver­brauch­er­schutz, für die Leis­tungs­fähigkeit der kleinen und mit­tleren Betriebe, und vor allen Din­gen — das ist ganz wichtig — ste­ht er für die duale Aus­bil­dung. Das ist ja eine ein­ma­lige Stärke in der deutschen Wirtschaft. Es ist der Wet­tbe­werb der Besten, es ist der Wet­tbe­werb der Kön­ner. Darauf sind wir in Deutsch­land zu Recht stolz.

(Beifall bei Abge­ord­neten der CDU/CSU und des Abg. Sören Bar­tol (SPD))

Meine Damen und Her­ren, in den zurück­liegen­den Monat­en gab es inten­sive Gespräche und Anhörun­gen mit den Handw­erks­be­trieben und Ver­bän­den. Es gab Anhörun­gen mit Befür­wortern und auch mit Geg­n­ern dieser Handw­erk­sor­d­nungsnov­el­le. Wir mussten uns an ganz klaren Kri­te­rien ent­lang­hangeln. Es geht nicht so ein­fach, dass man sagt: Alles wieder zurück auf null. — Das funk­tion­iert nicht. Wir haben nun mal die Euro­parecht­skon­for­mität zu beacht­en. Das hil­ft alles nichts. Im deutschen Recht mussten wir vor allen Din­gen Artikel 12 Grundge­setz, den Schutz der Berufs­frei­heit, beacht­en. Deswe­gen haben wir uns an fol­gen­den Kri­te­rien ent­langge­hangelt: präven­tive Gefahren­ab­wehr, Sicherung der Aus­bil­dungsleis­tung und der Nach­wuchs­förderung, aber auch — das ist ganz wichtig; es wurde hier auch mehrfach ange­sprochen — Erhalt von imma­teriellen Kul­turgütern und des Kul­turerbes, um ein Handw­erk nicht ausster­ben zu lassen, son­dern dauer­haft zu erhal­ten und tra­di­tionelle Tech­niken und Fach­wis­sen zu sichern.

Mit dem Geset­zen­twurf über­führen wir nun 12 Handw­erke, die vorher in der Anlage B 1 aufge­führt waren, wieder in die Anlage A, aber auch weit­ere handw­erk­sähn­liche Gew­erke aus Anlage B 2 in Anlage B 1, in die Liste der­jeni­gen Handw­erks­be­triebe, die zulas­sungs­frei sind. Das ist eine Aufwertung.

Es wurde schon mehrfach ange­sprochen: Es kon­nten nicht alle Erwartun­gen erfüllt wer­den. Diesen Anspruch kon­nten wir auch gar nicht haben. Aber eins ist klar: Angesichts der vie­len Gew­erke, die ange­sprochen wur­den, deren Vertreter auch uns immer wieder ange­sprochen haben, müssen wir in den näch­sten fünf Jahren und in der Eval­u­a­tion schauen, was noch passieren kann. Da müssen sich die Handw­erksver­bände, auch die Lan­desver­bände, einig sein. Bei einem Gew­erk waren sich die Lan­desver­bände eben nicht einig, und da kann die Poli­tik nicht sagen: Die einen wollen, die anderen wollen nicht; wir entschei­den jet­zt darüber. — Also, für die näch­sten fünf Jahre müssen wir uns das genau anschauen und den Ver­bän­den sagen: Ori­en­tiert euch an den Kri­te­rien, und dann guck­en wir, ob eine entsprechende Ein­tra­gung in die einzel­nen Rollen möglich ist.

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen, das deutsche Handw­erk ist eine starke Säule, ich würde sog­ar sagen: die stärk­ste Säule unseres Wohl­standes. Das sage ich auch ganz stolz als Handw­erksmeis­ter. Sor­gen wir dafür, dass das so bleibt. Schützen und pfle­gen wir das deutsche Handwerk!

Vie­len Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bild © Jens Koeppen