Rede im Plenum des Deutschen Bun­destages am 12.12.2019, TOP 15a, Viertes Gesetz zur Änderung der Handw­erk­sor­d­nung und ander­er handw­erk­srechtlich­er Vorschriften (“Meis­ter­brief”).

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Gern stelle ich Ihnen die Rede auch als Auszug aus dem Ple­narpro­tokoll zur Verfügung.

Jens Koep­pen (CDU/CSU):

Vie­len Dank. — Frau Präsi­dentin! Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen! Kurz vor Wei­h­nacht­en leg­en wir dem deutschen Handw­erk nun ein langersehntes Geset­zes­paket unter den Wei­h­nachts­baum, näm­lich unsere Nov­el­le der Handw­erk­sor­d­nung. Diese stellt das Handw­erk noch zukun­ftssicher­er auf, als es ohne­hin schon ist.

Meine Damen und Her­ren, im Ergeb­nis der drastis­chen Änderung der Handw­erk­sor­d­nung im Jahre 2003 wur­den 53 Gew­erke in die Anlage B1 genom­men, es bestand für sie also keine Zulas­sungspflicht mehr. Es war für diese Gew­erke nicht mehr notwendig, bei der Grün­dung eines Unternehmens oder bei der Aus­bil­dung einen Meis­ter­ti­tel vorzuweisen. In der Folge gab es eine Vielzahl an Fehlen­twick­lun­gen, Prob­leme, die der dama­lige Geset­zge­ber so möglicher­weise nicht sehen kon­nte. Es ent­standen mehr Betriebe, ja, aber in der Summe gab es weniger Beschäftigte. Weniger Meis­ter hieß: weniger Qual­ität. Weniger Qual­ität hieß: schlechter Ruf, Gewährleis­tung­sprob­leme, Ver­trauensver­lust. Weniger Meis­ter­be­triebe bedeutete aber auch: weniger Aus­bil­dungs­be­triebe, weniger Lehrlinge in den Betrieben. Es gab weniger Mark­t­sta­bil­ität durch die vie­len Insol­ven­zen und am Ende viele Soloselb­st­ständi­ge, die sich selb­st aus­ge­beutet haben oder in die Schwarzarbeit abge­wan­dert sind. Das alles sind die Probleme.

Mit dieser Nov­el­le wollen wir diese Fehlen­twick­lun­gen gezielt beseit­i­gen. Das machen wir mit Augen­maß. Diese Nov­el­le wurde in enger Zusam­me­nar­beit mit den Ver­bän­den, mit den Innun­gen, mit den Handw­erk­sor­gan­i­sa­tio­nen, mit Geg­n­ern und Befür­wortern der Meis­terpflicht, mit dem Wirtschaftsmin­is­teri­um und hier im Plenum inten­siv erörtert. Am Ende des Prozess­es stelle ich fest — das gilt für die meis­ten in diesem Hause -, dass es ein gutes Geset­zes­paket gewor­den ist, das sich sehen lassen kann, obwohl natür­lich nicht alle Wün­sche erfüllt wer­den kon­nten; ich komme gle­ich darauf zurück. Aber es ist ja nicht das let­zte Wei­h­nacht­en. Wir wer­den dranbleiben.

(Beifall bei Abge­ord­neten der CDU/CSU)

Meine Damen und Her­ren, es ging uns darum, das Ganze mit Augen­maß zu machen. Dabei mussten wir uns an ganz klaren Kri­te­rien, an ganz klaren Maßstäben aus­richt­en: Erstens war das die Euro­parecht­skon­for­mität. Man muss wis­sen, dass es in Brüs­sel nicht nur Fre­unde des Meis­ter­ti­tels gibt. Deswe­gen war es ganz wichtig, die Europage­set­zge­bung voll im Blick zu haben. Zweit­ens musste unser eigenes Grundge­setz beachtet wer­den, hier Artikel 12, der Schutz der Berufs­frei­heit. Wenn es darum geht, ste­hen die Leute sehr schnell vor den Toren von Karl­sruhe und kla­gen. Deswe­gen kann man nicht ein­fach sagen, man wolle alles rück­ver­meis­tern, obwohl wir das möglicher­weise sog­ar wollen. Das ist nicht ganz so ein­fach. Drit­tens gab es natür­lich den Punkt der präven­tiv­en Gefahren­ab­wehr bei eini­gen Gew­erken; wir haben darüber gesprochen. Darüber hin­aus ging es um die Erhal­tung des imma­teriellen Kul­turerbes, darum, tra­di­tionelle Tech­niken, Fach­wis­sen, altes Handw­erk in die näch­sten Gen­er­a­tio­nen mitzugeben und abzusichern.

Ganz wichtig für das deutsche Handw­erk, für unsere Wirtschaft sind ins­beson­dere die Aus­bil­dungsleis­tung und die Nach­wuchs­förderung. Die Stärkung unser­er dualen Aus­bil­dung, ein Erfol­gsrezept des deutschen Handw­erkes, wollen wir mit dieser Nov­el­le weit­er­hin vorantreiben. Das ist für mich der aller­wichtig­ste Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Her­ren, liebe Fre­unde, mit dem Geset­zen­twurf wer­den nun nach einem monate­lan­gen Prozess zwölf zulas­sungs­freie Handw­erks­gew­erke — man kann sagen: nur zwölf; ich sage: immer­hin zwölf — wieder zulas­sungspflichtig, wer­den wieder in die Anlage A einge­tra­gen. Darüber hin­aus wer­den weit­ere Gew­erke aus der Anlage B2 — das sind die handw­erk­sähn­lichen Betriebe — wieder in die Anlage B1 aufgenom­men; das sind die Handw­erks­be­triebe ohne Zulas­sungspflicht. Aber auch die Poli­tik muss ver­lässlich sein. Deswe­gen haben wir gesagt — das ist ganz wichtig; darauf haben Sie schon hingewiesen -, dass wir einen klaren Bestandss­chutz ver­ankern müssen: Diejeni­gen, die sich im Jahr 2005 auf­grund der alten Geset­zge­bung selb­st­ständig gemacht haben, müssen ihren Betrieb weit­er­führen kön­nen. Deswe­gen ist eine prinzip­ielle Rück­ver­meis­terung auch gar nicht möglich.

In eini­gen Jahren wer­den wir uns das alles wieder anschauen. In dieser Zeit kön­nen sich die Gew­erke neu auf­stellen und kön­nen auch neu bew­ertet wer­den. Wir haben viele Briefe von den Bestat­tern, von den Gold- und Sil­ber­schmieden, von den Buch­bindern, von den Kos­metik­ern usw. bekom­men, die alle — das sage ich ganz ehrlich — natür­lich auch das Recht haben, in die Handw­erk­srolle A einge­tra­gen zu wer­den. Allerd­ings müssen sich diese Gew­erke — erstens — in ihren Lan­desver­bän­den sel­ber einig wer­den und müssen sich — zweit­ens — bei der näch­sten Anhörung, dann, wenn es wieder soweit ist, bess­er auf­stellen, was ihr Gew­erk bet­rifft. Da gab es wohl Defizite. Ich hätte diese Gew­erke gerne dort gese­hen, wo sie hinge­hören, in der Anlage A, aber das hat erst ein­mal noch nicht so geklappt.

Meine Damen und Her­ren, unsere Geset­zesini­tia­tive fördert den Wet­tbe­werb. Es wird von manchen Medi­en immer wieder gesagt, wir woll­ten den Wet­tbe­werb ein­schränken. Nein, wir wollen den Wet­tbe­werb über­haupt nicht ein­schränken. Wir wollen Wet­tbe­werb, aber den Wet­tbe­werb der Besten. Wir wollen einen Wet­tbe­werb der Qual­ität, einen Wet­tbe­werb der Zuver­läs­sigkeit, einen Wet­tbe­werb der Kön­ner. Genau dafür ste­ht der Meis­ter­ti­tel. Um den Meis­ter­ti­tel und um die duale Aus­bil­dung benei­den uns in Europa ganz viele Län­der, obwohl sie es natür­lich nicht gerne zugeben.

Wenn es um die Zukun­fts­fra­gen unseres Lan­des geht, dann führt kein Weg am Handw­erk vor­bei. Ob das Nach­haltigkeit ist, Ressourcenef­fizienz, Smart Home, alter­na­tive Antriebe, Dig­i­tal­isierung, kün­stliche Intel­li­genz, all das erfordert Men­schen, die ihr Handw­erk ver­ste­hen. Deshalb ist es richtig, dass das deutsche Handw­erk selb­st von sich sagt: Zukun­ft kommt von Können.

Vie­len Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sabine Poschmann (SPD))