Leider gibt es aus meiner Sicht keinerlei Anlass zur Zufriedenheit. Im Gegenteil, ich bin maßlos enttäuscht von den Signalen, die aus dem Kanzleramt gekommen sind. Weder die Bundesregierung noch die Länderchefs haben aus meiner Sicht der Lage entsprechend reagiert. Die Verlängerung des Lockdowns ist für die Menschen im Land, für die Bildungslandschaft, für den kleinen Mittelstand, für Gastronomie, Tourismus, Veranstalter, Kunst und Kultur eine riesige Enttäuschung. Es gibt keinen empirischen Nachweis für die Wirksamkeit der überzogenen Maßnahmen, schlimmer noch, sie wurden rein politisch festgelegt. Das politische Handeln wird vom virologischen Imperativ und von der Angst beherrscht. Zudem ist Zusammensetzung des wissenschaftlichen Beratergremiums, das das Kanzleramt berät, sehr einseitig. Es besteht der Eindruck, dass die Experten danach ausgesucht werden, die eigene Meinung zu bestätigen, anstatt einen ergebnisoffenen Austausch mit den Wissenschaftlern zu suchen.
Ich dränge seit längerer Zeit darauf, dass die Maßnahmen deutlich gelockert und an die Zahlen angepasst werden. Die Menschen brauchen eine Perspektive, sie brauchen Hoffnung. Ständige Verlängerungen statt evidenzbasierter Entscheidungen zermürben die Gesellschaft. Ständigen Änderungen der Kriterien wird man nicht länger folgen. Diese haben sich seit fast einem Jahr ständig geändert: Vermeidung der Überbelastung des Gesundheitswesens, Inzidenzwert 50, Schutz der vulnerablen Gruppen, exponentielles Wachstum verhindern, Beginn der Impfungen, Beginn der wärmeren Jahreszeit, Sommerende, Inzidenzwert 35 oder doch 25…
Die Menschen haben alle Maßnahmen mitgetragen und sich sowohl vernünftig sowie solidarisch verhalten. Man darf die Geduld aber nicht überstrapazieren. Viele stehen bereits jetzt vor den Scherben ihrer Lebenswerke. Wir brauchen dringend eine Abwägung zwischen Einschränkung der Grundrechte und dem Schutz vor einem Virus. Einen hundertprozentigen Schutz wird und kann es nicht geben. Wir können die Gesellschaft nicht zu Tode schützen. Wir werden lernen müssen mit dem Virus und seinen Varianten zu leben.
Foto @ Jens Koeppen
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