Was konnte für das Handwerk erreicht werden? Als Vorsitzender der AG Handwerk des Parlamentskreises Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, stelle ich Ihnen hier gern unseren Bericht über die Initiativen und wichtigen Themen der AG Handwerk in der 19. Legislaturperiode zur Verfügung.
Die PKM-AG Handwerk befasst sich mit aktuellen handwerkspolitischen Fragestellungen und Themen und begleitet Gesetzesinitiativen unter dem Blickwinkel der Auswirkungen auf die Handwerksunternehmen.
In dieser Legislaturperiode konnten durch die Arbeit der AG Handwerk zum einen neue gute Rahmenbedingungen für das Handwerk in Deutschland gesichert werden. Zum anderen wurde auch bei unzähligen Regelungen darauf hingewirkt, dass die besonderen Herausforderungen und Interessen der Handwerksbetriebe ausreichend berücksichtigt werden.
Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick über einige unserer Themenkomplexe und Regelungen mit denen wir uns in dieser Legislaturperiode auseinandergesetzt haben.
- Stärkung des Meisterbriefs
Wiedereinführung der Meisterpflicht für verschiedene Gewerke
Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken ( Fliesen‑, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter, Orgel- und Harmoniumbauer).
Der Meisterbrief steht für hochwertige Produktqualität, steigert im Bereich gefahrengeneigter Tätigkeiten den Verbraucher- und Gewährleistungsschutz und schafft auch die Grundlage für nachhaltiges Unternehmertum im Handwerk.
Durch Rückführung von zahlreichen Gewerken zur Meisterpflicht konnten Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre korrigiert werden.
Empirische Untersuchungen im Vorfeld der Gesetzesnovelle haben gezeigt, dass insbesondere zur Gefahrenabwehr und zur Stärkung der beruflichen Bildung und des dualen Ausbildungssystems die Wiedereinführung der Meisterpflicht geboten war.
- HwO Novelle
Mit der 5. HwO Novelle wurde zum einen auf die Wiedereinführung der Meisterpflicht in verschiedenen Gewerken reagiert und auch auf weitere Entwicklungen im Handwerksrecht, die in der Handwerksordnung und anderen handwerksrechtlichen Vorschriften noch nicht nachvollzogen wurden oder klargestellt werden sollten.
Die Verfahren zur Meisterprüfung wurden flexibilisiert, dynamisiert sowie beschleunigt. Das Ehrenamt im Prüfungsbereich wurde gestärkt.
- Fachkräftesicherung
Die Sicherung der Fachkräfte ist gerade für die Handwerksunternehmen eine zunehmend existenzbedrohende Fragestellung. Die Akademisierung der Gesellschaft macht den Handwerksberuf für viele junge Menschen unattraktiv. Diesem Thema haben wir uns angenommen.
- Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) trägt zur Stärkung der qualifizierten Zuwanderung aus dem Ausland bei. Es vereinfacht die gesetzlichen Regelungen für die Zuwanderung von in deutschen Betrieben dringend gebrauchten Fachkräften aus Drittstaaten. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft getreten ist, erleichtert insbesondere den Zugang für Fachkräfte in Ausbildungsberufen.
- Aufstiegs-BAföG (ehemaliges Meister-BAföG)
Für berufliche Weiterbildungen wurden mehr Unterstützung und mehr Fördermöglichkeiten geschaffen. Davon profitieren auch Handwerker, die sich zum Meister- oder Betriebswirt weiterbilden wollen.
Zum Beispiel: Vollzuschuss zum Lebensunterhalt bei Fortbildung in Vollzeit, Erhöhung der Zuschussanteile zu Fortbildungskosten, großzügigere Darlehenserlasse der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren nach erfolgreichem Abschluss und Existenzgründung, höhere Freibeträge für Familienmitglieder.
- Mindestausbildungsvergütung
Seit dem 1. Januar 2020 gilt erstmals eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung (für neue Ausbildungsverträge). Nicht jedes Handwerksunternehmen ist mit der Neuregelung glücklich. Es muss dennoch anerkannt werden, dass attraktive Ausbildungsvergütung auch zur Stärkung der Ausbildungsbereitschaft beiträgt.
- Bürokratieabbau
Das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) stellt einen ersten wichtigen Schritt zur Umsetzung der Mittelstandsstrategie dar. Die Unternehmen werden um mehr als 1,1 Milliarden Euro im Jahr entlastet.
Das Gesetz nutzt die Chancen der Digitalisierung, um die mühsame „Zettelwirtschaft“ in vielen Bereichen zu erleichtern. Zentrale Bausteine sind die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsmeldung, Erleichterungen bei der Vorhaltung von Datenverarbeitungssystemen für steuerliche Zwecke und digitale Alternativen zu den Meldescheinen aus Papier im Hotelgewerbe. Zudem müssen Gründer zukünftig nur noch vierteljährlich – statt wie bisher monatlich – ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Damit wird eine wichtige Zusage aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.
Darüber hinaus sieht das BEG III weitere wichtige Maßnahmen vor, unter anderem die Anhebung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmergrenze von 17.500 auf 22.000 Euro, die Anhebung der Grenze zur Lohnsteuerpauschalierung bei kurzfristiger Beschäftigung sowie die Pauschalierung der Lohnsteuer für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer.
Klar ist, unser Handwerk hat mehr erwartet. Beim Bürokratieabbau haben sich der Deutsche Bundestag und die Regierung bedauerlicherweise auch in der 19. Legislaturperiode sehr schwerfällig gezeigt.
- Corona-Hilfen
- Programme und Unterstützungsmöglichkeiten
Die Hilfsprogramme und Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmen und Selbständige innerhalb der Corona-Hilfen des Bundes stehen auch den Handwerksbetrieben zur Verfügung.
Ein Überblick über die wichtigsten Programme und Angebote:
- Maßnahmenpaket für Start-ups und kleine Mittelständler
- Überbrückungshilfen
- November- und Dezemberhilfe
- Kurzarbeitergeld
- Steuerliche Maßnahmen
- KfW-Schnellkredit, KfW-Sonderprogramm
- Wirtschaftsstabilisierungsfonds
- Warenkreditversicherungen und Exportkreditgarantien
- Bürgschaften
- Grundsicherung und Neustarthilfe
Viele Handwerksunternehmen konnten während des Pandemiegeschehens ihre Gewerke weiter ausüben. Andere wiederum waren zum Nichts-Tun, wie z.B. Friseure, verdammt. Mit den Corona-Hilfen wurde versucht, zielgenau die notwendige Unterstützung anzubieten.
- Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“
Die Fachkräftesicherung bleibt ein zentrales Thema für das Handwerk in Deutschland. Mit dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ sollen Ausbildungsbetriebe während der Corona-Pandemie bedingten schwierigen Zeit, gezielt unterstützt werden.
Zum Programm gehören:
- Die „Ausbildungsprämie“: Sie unterstützt Betriebe, die trotz der Corona-Krise die Anzahl ihrer Ausbildungsplätze halten oder sogar erhöhen.
- Ein Zuschuss zur Vermeidung von Kurzarbeit: Dieser steht für Betriebe zur Verfügung, wenn Kurzarbeit bei den Auszubildenden vermieden wird.
- Die Übernahmeprämie: Sie steht für Betriebe zur Verfügung, die Auszubildende aus einem insolventen oder pandemiebeeinträchtigten Betrieb übernehmen.
- Lockdown-II-Sonderzuschuss für Kleinstunternehmen: Kleine Ausbildungsbetriebe mit bis zu 4 Beschäftigten können einen Zuschuss erhalten, wenn sie ihren Geschäftsbetrieb aufgrund des zweiten Corona-Lockdowns ganz oder weitgehend einstellen mussten.
- Arbeitsschutzkontrollgesetz (Werkverträge für Fleischindustrie)
Hier konnte erreicht werden, dass die handwerklichen Fleischereien nicht mit den Großunternehmen gleichgestellt werden. Die Vertrauenskrise wurde nicht durch das Handwerk verursacht. Folgerichtig ist auch, dass diese Unternehmen nicht den neuen Anforderungen unterworfen werden.
Es bestand Einigkeit mit dem Koalitionspartner, dass wir ab dem 1. Januar 2021 die Nutzung von Werkverträgen im Kernbereich der Fleischindustrie, bei der Schlachtung, Zerteilung und Verarbeitung untersagen.
Im November 2020 haben wir nach langen und zähen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner eine Verständigung zum Einsatz von Leiharbeitern erreicht. Auch wenn Zeitarbeit ab dem 1. April 2021 grundsätzlich im Kernbereich der Fleischindustrie untersagt wird, ist sie in einem begrenzten Umfang weiterhin zulässig: Auf Grundlage eines Tarifvertrages können künftig tarifgebundene Unternehmen der Fleischverarbeitung Auftragsspitzen durch Zeitarbeit abfangen.
Besonders wichtig war uns in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, dass das Fleischerhandwerk von den Regelungen ausgenommen ist. Betriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern (ohne Verkaufspersonal und Azubis) sind von den Beschränkungen und Aufzeichnungspflichten nicht betroffen. Damit haben wir das Fleischerhandwerk wesentlich gestärkt und die regionale Versorgung mit qualitativ hochwertigen Fleischereiprodukten gesichert. Unser Gesetz ist daher ein klares Zeichen an das Fleischerhandwerk, sich weiterhin mit Filialen in unseren Regionen zu engagieren.
- Kassensicherungssysteme und Belegausgabepflicht
Frühzeitig haben wir darauf aufmerksam gemacht, welche Auswirkungen die von der SPD-Fraktion geforderte Belegausgabepflicht insbesondere für kleine Bäckereien haben wird. Wir konnten uns in diesem Punkt nicht durchsetzen. Aber die frühzeitigen Mahnungen der AG Handwerk sind sicher ein Grund dafür, dass die geplanten staatlichen Kontrollen der Regelung bereits frühzeitig entschärft wurden.
- Tachographenpflicht
Auch auf Europäischer Ebene haben wir uns in die Gesetzgebungsprozesse eingebracht, wenn unverhältnismäßige Belastungen für unser Handwerk drohten.
Die Pläne der EU zur Einführung der Tachografenpflicht für Fahrzeuge der Gewichtsklasse 2,4 bis 3,5 Tonnen haben für viel Unmut gesorgt. Gemeinsam mit der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament ist es gelungen, wichtige Änderungen für das Handwerk an der ursprünglichen EU-Kommissionsvorlage zu beschließen. Die Ausweitung der geplanten Tachografenpflicht konnte auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr beschränkt werden.
Die Kosten für die Nachrüstung eines digitalen Tachografen wurden vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) auf rund 1.500 Euro beziffert. Hinzu wären Aufwendungen für die Anschaffung von Kontrollkarten für das Unternehmen und seine Mitarbeiter, der Kauf von Software zur Datenverwaltung sowie regelmäßige Wartungs‑, Archivierungs- und Auslesungspflichten und die Unterweisung aller Beschäftigten gekommen.
- Energiepolitik und Handwerk
Auch bei der Setzung neuer Rahmenbedingungen in der Energiepolitik haben wir das Handwerk und seine Bedürfnisse im Auge behalten. Ob es um Anforderungen bei der Gebäudesanierung geht, der Installation von Solaranlagen oder auch das Handwerk als Betroffene des neuen nationalen Emissionshandels. Wir haben stets mit den Verbänden und Unternehmen die neuen Rahmensetzungen diskutiert, um sicherzustellen, dass das Handwerk sich zuverlässig den neuen Anforderungen stellen kann. Auch zukünftig sollen unsere Handwerksunternehmen fair am Wettbewerb um Aufträge bei der Anlagenerrichtung oder bei der Energie-Effizienzberatung teilnehmen können.
Ganz aktuell: Wir setzen uns für die Verlängerung des Förderprogramms “Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz” über das Jahr 2021 hinaus ein. Durch die Corona-Pandemie konnte der Transformationsprozess der Handwerksunternehmen nicht ausreichend vorangetrieben werden. Hier muss mit der Verlängerung des Förderprogramms drauf reagiert werden, um die Unternehmen bei der effizienteren Nutzung der Energie in ihren Unternehmen zu unterstützen.
- Digitalisierung im Handwerk
Die Digitalisierung bringt für Handwerksunternehmen neuen Schwung und macht sie auch als Arbeitgeber attraktiver. Wir haben verschiedene Initiativen und Förderprogramme für die Digitalisierung des Handwerks unterstützt. Dazu zählt u.a. die Förderung von Zuwendungen für den Forschungsschwerpunkt „Handwerk 4.0: digital und innovativ“. Das Programm „Digital Jetzt — Investitionsförderung für KMU“ des BMWi bietet auch für unsere Handwerksunternehmen finanzielle Zuschüsse und soll Firmen dazu anregen, mehr in digitale Technologien sowie in die Qualifizierung ihrer Beschäftigten zu investieren.
Foto @ Jens Koeppen
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