– Redebeitrag Jens Koeppen MdB, 26.01.2022, TOP 3: “Vereinbarte Debatte zur SARS-CoV-2-Impfpflicht” –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich lehne eine allgemeine oder sektorale Impfpflicht entschieden ab. Sie ist aus meiner Sicht schlichtweg grundgesetzwidrig und passt nicht zu unserem freiheitlichen Rechtsstaat. Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit müssen weiterhin zu den unverrückbaren Grundrechten zählen!
Noch vor sehr kurzer Zeit wurde eine allgemeine Impflicht von politischen Entscheidungsträgern sowie dem gesamten Deutschen Bundestag unisono in aller Deutlichkeit ausgeschlossen. Wenn das Vertrauen in die Politik nicht gänzlich verloren gehen soll, muss diese klare Haltung Bestand haben, zumal keinerlei neue Erkenntnisse vorliegen, die nur annähernd die veränderte Haltung erklären könnten.
Die mRNA-Impfung gegen den Coronavirus hat, wie sich jetzt herausstellt hat, für lediglich 4 bis 6 Monate einen entsprechenden Eigenschutz, aber die verfügbaren Vakzine schützen weder vor der Weitergabe des Virus an Dritte, noch vor eigener Ansteckung.
Es wäre eine unglaubliche Anmaßung dem Individuum eine aus staatlicher Sicht vermeintlich richtige medizinische Behandlung aufzuzwingen, insbesondere wenn die Person selbst von dieser Behandlung nicht überzeugt ist oder gar die Meinung vertritt, dass die eigene Gesundheit Schaden nehmen könnte.
Darf ein neuartiger Impfstoff den Menschen in einem liberalen Rechtsstaat unter Androhung von Zwang oder Repressalien verabreichet werden? Sind nicht eher Aufklärung und umfangreiche Informationsmöglichkeiten der Weg, wenn man die Menschen gewinnen will? Warum meint man, mit Aufklärung und Informationen nicht zu einer höheren Impfquote zu kommen? Sind die Argumente etwa zu schwach oder ist man selbst nicht überzeugt?
Unser auf Krankheitsfälle aufgebautes Gesundheitssystem ignoriert zudem völlig, dass es Menschen gibt, die sich gesund ernähren, die in besonderer Weise auf ihren Körper und ihre Lebensgesundheit achten, die dadurch weniger krank werden und selbst keine Medikamente einnehmen müssen. Sie vertrauen auf ihr körpereigenes Abwehrsystem und sind fest davon überzeugt, dass dieses natürliche Immunsystem einer künstlichen Immunisierung durch einen Impfstoff überlegen ist. Es ist allgemein unstrittig, dass ein natürlich aufgebautes Immunsystem nachhaltiger ist.
Diese Menschen nun zu einer künstlichen Immunisierung zu zwingen, wird die Gesellschaft zwangsläufig weiter spalten. Sie durch die allgemeine oder sektorale Impfpflicht auszugrenzen und zu bestrafen, ist für mich unannehmbar und deshalb nicht zustimmungsfähig. Sollten wir nicht vielmehr den präventiven Gesundheitsschutz durch unsere politische Arbeit stärken?
Mittlerweile konnten jedem Erwachsenen Impfangebote gemacht werden und es steht jedem frei, dieses Angebot sofort anzunehmen und sich auf diese Weise zu immunisieren. Weit über 70 Prozent haben dies bereits getan und es werden täglich mehr. Warum also sollte eine allgemeine Impfpflicht die Menschen mehr „überzeugen“ als Information, Aufklärung und Wirksamkeit? Beobachten wir nicht stattdessen eine wachsende Skepsis bei den Bürgerinnen und Bürgern angesichts des enormen Drucks, den die Politik mittlerweile ausübt?
Sollen allen Ernstes ca. 25 Prozent der Gesamtbevölkerung inkl. Babys, Kindern und Jugendlichen, die in Deutschland nicht geimpft sind, nun die „Pandemietreiber“ sein? Ist es gerechtfertigt, sie zu stigmatisieren und sogar unverhohlen von einer “Pandemie der Ungeimpften” zu reden? Darf die Gesellschaft dadurch weiter gespalten werden?
Bereits jetzt müssen ungeimpfte Bürgerinnen und Bürger massive Einschränkungen hinnehmen. Der „Lockdown für Ungeimpfte“ bis hin zur Androhung von Einnahmeausfällen ist bereits Realität. Selbst über die Debatte von Zutrittsverboten im Lebensmitteleinzelhandel schrecken einige nicht zurück.
Mit der allgemeinen Impfpflicht läuft man Gefahr, dass ein Teil der Gesellschaft per Gesetz angefeindet und aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird.
Es stellt sich mittlerweile heraus, dass sich Betroffene nur impfen lassen, weil sie keine Einschränkungen mehr hinnehmen wollen oder können. Sie sind jedoch von der Wirksamkeit nicht überzeugt. Sollte uns das nicht zu denken geben?
Mit einem Blick über die Grenzen stellt sich für mich außerdem die Frage, warum Portugal — das Land mit der höchsten Impfquote weltweit — seinen Bürgern bereits jetzt einen neuen Lockdown für Januar 2022 in Aussicht stellt?
Warum hat Frankreich Inzidenzen auf dem Niveau von Deutschland, obwohl die Impfquote dort wesentlich höher ist und es eine sektorale Impfpflicht gibt?
Warum hat die Einführung von 2G in Österreich nicht zur Reduktion der Ansteckungen geführt, aber die Einbeziehung der Geimpften in die Maßnahmen offensichtlich schon?
Warum hat Schweden mit sehr geringen Ansteckungen umzugehen, obwohl die Imofquote auf dem Niveau von Deutschland liegt, aber kaum Einschränkungen verordnet werden und nicht geimpfte Personen weiterhin ganz normal am öffentlichen Leben auch in den Großstädten teilnehmen können.
Diese Beispiele aus unseren Nachbarländern zeigen sehr eindrucksvoll und auch ernüchternd: Eine Impfung vermag viele Menschen persönlich zu schützen, aber sie schützt nicht vor steigenden Inzidenzen und bedauerlicherweise können auch Todesfälle, insbesondere bei den vulnerablen Gruppen, nicht ohne weiteres verhindert werden.
Im vergangenen Jahr hatten wir in Deutschland zur gleichen Zeit weniger Covid Fälle ohne, als 2021 mit Impfung? Wie können für diesen Anstieg nun aber die Ungeimpften „verantwortlich“ gemacht werden, wenn weit über 70 Prozent bereits einen wirksamen Impfschutz erhalten haben? Wie ist dieser Widerspruch aufzuklären?
Zu all diesen offenen Aspekten kommt nun die Frage, wie der Staat eine allgemeine oder sektorale Impfpflicht durchsetzen würde? Mit Ordnungsstrafen? Mit Freiheitsstrafen? Mit weitreichenden Kontrollen bis in die Privatsphäre der Bürger? Werden Impfunwillige dem Impfarzt vorgeführt?
Politische Entscheidungsträger sollten gehalten sein, mit der aktuellen Situation achtsam umzugehen, statt „Ausgrenzung per Gesetz“ zu betreiben, oder das Land zum wiederholten Male in den Lockdown zu schicken. Vielmehr sollte der Schutz der sogenannten vulnerablen Gruppen auf der einen sowie die strukturelle und personelle Stärkung des Gesundheitssystems auf der anderen Seite in den Fokus genommen werden, so dass Krankenhäuser und Ambulanzen mit ihrem Personal künftig besser in der Lage sind, mit einer solchen Ausnahmesituation umzugehen.
Vor dem Hintergrund, dass uns das Corona-Virus mit unterschiedlichen Varianten noch in den kommenden Monaten begleitet und es jederzeit zu ähnlichen Epidemien kommen kann, gibt es zu strukturellen Antworten im Gesundheitssystem keine Alternative.
Foto @ Jens Koeppen
Vielen Dank für diesen Beitrag!