Zum Thema „Immer höhere Preise bei Sprit, Energie, Mieten und Lebensmitteln — Welche politischen Möglichkeiten gibt es?“ hat mich die Redaktion der Märkischen Oderzeitung zu meiner Einschätzung befragt. Gern können Sie das Interview hier nachlesen.
- Die Spritpreise sind seit Beginn des Ukraine-Krieges dramatisch gestiegen. Obwohl der Rohölpreis wieder gesunken ist, bleiben die Preise auf einem hohen Niveau. Was ist die Ursache dafür und welche Lösung ist die Beste, um den Preis wieder sozialverträglich zu gestalten?
Die Preissteigerungen sind unmittelbare Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der Verknappung der Rohstoffe als unmittelbare Folge. Die Verunsicherung in der Gesellschaft darüber ist sehr groß. Die Preise an der Tankstelle sind aber in Deutschland deutlich stärker gestiegen und verharren auf höherem Niveau als der Rohölpreis. Das muss im Interesse der Verbraucher durch das Bundeskartellamt dringend hinterfragt werden. Illegalen Preisabsprachen und der Ausnutzung der gegenwärtigen Situation muss konsequent begegnet werden. Dennoch ist es richtig, dass jetzt politische Maßnahmen zur Senkung der Preise ergriffen werden. Gerade in einem Flächen- und Pendlerland wie es Brandenburg ist, leiden die Menschen unter den steigenden Preisen für Benzin und Diesel enorm.
- Selbst die FDP plädiert mittlerweile für ein Eingreifen der Politik in die Preisgestaltung (Tankrabatt). Sind die Zeiten vorbei, in denen es hieß, der Markt regelt das?
Marktmechanismen funktionieren zwar, schlagen jedoch in solchen Zeiten stark aus und verzerren die Lage. Im Markt muss immer auch überprüft und nachjustiert werden. Eines ist klar, der Krieg hat unsere Versorgungssituation offenbart. Die extreme Abhängigkeit von russischen Energieimporten führt jetzt dazu, dass es zu Versorgungsengpässen kommt. In dieser Extremsituation führt der Marktmechanismus zu deutlichen Preissteigerungen und in Folge zu sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen. Es ist daher notwendig, die Menschen spürbar von den Preissteigerungen zu entlasten. Die jetzt diskutierten Entlastungen sind im Ansatz richtig, gehen aber nicht weit genug. Das hat unsere Fraktion in einem Antrag deutlich gemacht. Wir schlagen darin vor, sowohl die Energiesteuern als auch die Umsatzsteuer auf Energie dauerhaft auf das europäische Mindestmaß abzusenken. Diese Absenkung darf nicht nur auf 3 Monate begrenzt werden. Wir müssen das auf das europäische Niveau einpendeln. Das Mobilitätsticket für 9 Euro ist gut gedacht, aber damit ist ein enormer bürokratischer Aufwand verbunden. Für den ländlichen Raum ist es eher eine Scheinlösung und für Studenten und Besitzer von Jahreskarten müssen noch Lösungen gesucht werden. Diese Bürokratie kostet Zeit und Geld. Besser wäre es, den ÖPNV im Jahr 2022 kostenlos zu machen und an dauerhaften tragfähigen Lösungen in diesem Bereich zu arbeiten. Wegen 9 Euro im Monat steigt niemand um, schon gar nicht, wenn diese auf 3 Monate begrenzt sind.
- Glauben Sie, dass es jemals wieder Spritpreise unter 1,50 Euro geben wird oder müssen wir uns mit der neuen Preissituation abfinden?
Die Frage ist, ob die Ampel-Regierung überhaupt Spritpreise unter 1,50 Euro wieder sehen möchte? Mit dem nationalen CO2-Preis wurden aus Klimaschutzgründen zusätzliche Kosten auf Kraftstoffe und andere fossile Energieträger draufgesetzt. Ich habe diesen deutschen Alleingang immer scharf kritisiert. Er müsste jetzt ausgesetzt werden, bis es eine europäische Lösung gibt. Das lehnt die Bundesregierung aber vehement ab. Mit dem nationalen CO2-Preis wird es keine Preise unter 1,50 Euro mehr geben können. Zudem ist es ein Irrglaube, dass so der Umstieg auf vermeintlich umweltfreundliche Fahrzeuge schneller geht. Die hohen Kosten für Benzin und Diesel verhindern, dass die Menschen Geld für ein neues Fahrzeug zurücklegen und ausgeben können.
- Geringverdiener in Eberswalde müssen etwa 31 Prozent ihres Verdienstes für Miete aufbringen. In der Region gibt es zum Teil eine Kostenexplosion auf Berliner Niveau. Wird es Zeit für eine Mietpreisbremse? Oder sehen Sie andere wirksame Maßnahmen dagegen?
Die Mietpreisbremse in Berlin wurde zurecht gerichtlich gekippt. In Brandenburg oder anderen Bundesländern würde sicherlich das Gleiche passieren. Die sogenannte Mietpreisbremse ist nichts anderes als eine Sanierungsbremse, weil Wohnungsunternehmen und Vermieter nur noch sehr dezimiert die Sanierungsmaßnahmen umlegen können. Hier ist keine Lenkungswirkung zu sehen. Es gibt nur eine Lösung: zusätzlicher Wohnraum, mehr Bauflächen, schnellere und einfachere Genehmigungen und vor allem geringere Grunderwerbssteuern. Hiermit würde man viel erreichen, um am Ende die Nachfrage und das Angebot am Wohnungsmarkt wieder in ein besseres Verhältnis zu bringen. Alles andere ist Makulatur und wird von Gerichten wieder eingesammelt.
- Nicht nur die Mieten, auch die Mietnebenkosten steigen rasant an. Sehen Sie hier die Chance, dass diese zukünftig wieder auf das bisher “normale” Maß fallen werden?
Im Moment steht die Gasversorgung stark im Fokus. Der Gaspreis hat im letzten Jahr eine dramatische Aufwärtsentwicklung genommen. Innerhalb des letzten Jahres ist hier eine Börsenpreissteigerung von über 100 Prozent zu beobachten. Die Drohungen einer weiteren Verknappung durch Lieferstopps aus Russland oder Embargos lassen den Gaspreis kontinuierlich weiter steigen. Alternativen am Weltmarkt können die russischen Importe nicht vollständig kompensieren. Vor diesem Hintergrund muss der Staat endlich mit seinen Steuern und Abgaben auf die Energiepreise konsequent runter, damit zumindest eine Stabilisierung der Preise erfolgen kann. Preissenkungen werden wir kurzfristig wohl eher nicht beobachten.
- Welche Schritte müssen jetzt unternommen werden, um das Wohnen in seiner Gesamtheit nicht zum Luxusgut werden zu lassen?
Vor allem müssen die Standards, die in der deutschen Politik gesetzt werden, unter dem Aspekt der Bezahlbarkeit des Wohnens auf den Prüfstand. Auch und gerade in den nicht urbanen Gegenden können neue Flächen für Wohnbebauungen ausgewiesen werden, auch mit guten Umweltstandards. Allerdings haben sich Politik und Behörden der Verhinderungsplanung verschrieben. Das wirkt sich jetzt dramatisch aus.
- Auch die Lebensmittelpreise steigen weiter. Auch fragen sich viele Bürger: Gibt es politische Lösungen, um dem Einhalt zu gebieten?
Lebensmittelpreise steigen natürlich auch aufgrund der höheren Energie- und Transportkosten. Bäcker, Spediteure, Handwerker oder alle anderen Lieferanten können ohne eine Weitergabe der Kosten nicht überleben. Steuersenkungen können auch hier ein Teil der Lösung sein. Aber auch darin, dass es den Landwirten ermöglicht wird, wieder mehr Flächen als landwirtschaftliche Nutzfläche zu bewirtschaften. Solaranlagen haben auf landwirtschaftlichen Flächen nichts zu suchen. Aber auch ein Umdenken unseres Konsumverhaltens ist angesagt. Im Durchschnitt landen von den Bundesbürgern mehr als 90 kg gute Lebensmittel jährlich im Müll.
- Ein Preistreiber ist die Inflation. Die Inflationsrate in Deutschland lag im Februar bei 5,1 Prozent und bleibt damit auf einem extrem hohen Stand. Auch hier werden vielerorts politische Lösungsvorschläge gefordert. Wo bleiben die Ideen und wie sehen sie aus?
Gegenwärtig befinden wir uns in einer Sondersituation und alle Preise steigen. Die Wirtschaftsweisen haben für dieses Jahr eine Inflation von 6% angekündigt. Das schlägt sich auf alle Bereiche nieder. Meine Vorschläge habe ich genannt. Der Staat muss sich deutlich mit seinen Steuern und Abgaben zurücknehmen. Derzeit sind die Energie- und Rohstoffpreise der Preistreiber. Hier hat Deutschland als rohstoffarmes Land leider nur bedingt Einfluss. Bisher sind wir immer aus verlässlicher Energieversorgung ausgestiegen, ohne irgendwo einzusteigen. Wind und Sonne tragen nur zu einem Teil zu einer verlässlichen Energieversorgung bei. Sie sind immer nur ein Teil der Lösung. Auch die neue Regierung kann eine Dunkelflaute nicht per Gesetz ausschließen. Wir haben die Möglichkeit die letzten 3 Kernkraftwerke länger für die Energieversorgung arbeiten zu lassen und weitere 3 wieder zu aktivieren. Die Forschung an neuen risikoarmen Reaktoren nimmt derzeit rasant an Fahrt auf und wird Deutschland einsam zurücklassen. Andererseits müssen wir von der Forderung des vorgezogenen Kohleausstiegs in acht Jahren Abschied nehmen. Die heimische Braunkohle ist ein verlässlicher Energieträger, der uns hilft, uns nicht vollständig von Energieimporten aus zumeist unsicheren Drittstaaten abhängig zu machen. Hier den Ausstieg zu forcieren, ohne Lösungen in Sachen Versorgungssicherheit anzubieten, ist mehr als fahrlässig. Die Entwicklungen haben ein solches enormes Ausmaß, dass ich hoffe, dass die jetzige Bundesregierung über ihren ideologischen Schatten springen kann.
Foto © Jens Koeppen
Neueste Kommentare