Position von Jens Koeppen MdB zu einem möglichen Ölembargo und dem Besuch von Minister Habeck beim Schwedter PCK:
Die Forderung nach einem Ölembargo gleicht dem Ritt auf der Rasierklinge. Ich empfehle daher dringend, vom Ende her zu denken. Wem schadet es, wem nützt es? Wir können uns nicht schwächen, wenn wir anderen helfen wollen!
Mit der Zustimmung zu einem Ölembargo hat die Bundesregierung den gesamten Osten Deutschlands vor vollendete Tatsachen gestellt. Und die unschöne Wahrheit ist: Die Versorgungssicherheit in den ostdeutschen Bundesländern würde einem Ölembargo geopfert. Die beim Besuch in der Schwedter Raffinerie gezeigte hilflose Ehrlichkeit von Minister Habeck verdient zwar Respekt, aber nützt den Menschen wenig, wenn sie ihren Job verlieren und ein gesamter Standort mit all seinen Errungenschaften in Frage gestellt wird. Hinzu kommt, dass 12 Millionen Tonnen Jahresproduktion in Schwedt — ähnlich hoch in Leuna — nicht substituiert werden können. Es sind erhebliche Versorgungsengpässe im gesamten Osten zu befürchten, was Auswirkungen bis hin zur Auslieferung von Lebensmitteln oder beispielsweise der Müllabfuhr hätte — von der Mobilität der Menschen und dem Betrieb des BER ganz zu schweigen. Die PCK-Mitarbeiter wurden über Absichten und Planungen informiert, wie das PCK gerettet werden könnte. Aber: Es gibt bisher keine konkreten Pläne oder gar Verträge. Alles ist offen, alles ist unsicher. Hier ist allein der Wusch Vater des Gedanken. Allein die Hoffnung, dass es schon irgendwie gut gehen wird, ist zu wenig. Ich habe deshalb im Energieausschuss des Bundestages konkrete Antworten gefordert:
Wie sollen 70.000 Tonnen, die pro Tag über die Erdölpipeline Freundschaft kommen, ersetzt werden? Über die Leitung aus Rostock können lediglich 19.000 Tonnen gepumpt werden, wobei PCK alleine 32.000 Tonnen pro Tag benötigt, um effektiv die Anlagen zu fahren. Was kann über den Hafen Rostock im Hinblick auf die ungenügende Wassertiefe dort täglich angelandet werden? Wo und wie müsste ggf. die Umladung auf kleinere Schiffe erfolgen? Sind genügend solcher Schiffe verfügbar? Was könnte über den Hafen Danzig ankommen und wie erfolgt der Transport nach Schwedt? Kann der Erdölmix, auf den die PCK-Anlagen eingestellt sind, über den freien Markt besorgt werden? Können ggf. die Anlagen kurzfristig umgestellt werden? Kann sichergestellt werden, dass nicht dasselbe russische Erdöl lediglich über eine andere Flagge angelandet wird? Welche Raffinerien aus den anderen Bundesländern könnten überhaupt aus ihrer Produktion in Ostdeutschland aushelfen und welche Transportkapazitäten stehen per TKW oder Güterzüge zu Verfügung? Wie würde bei Engpässen die Mengenzuteilung aussehen? Wer sollen die alternativen Lieferländer sein? Wie verändert sich der Bezugsölpreis voraussichtlich?
Auf all diese Fragen gibt nicht ansatzweise eine Antwort. Deshalb ist leider davon auszugehen, dass bei einem Ölembargo der Schaden ganz klar bei uns liegt. Unabhängig davon muss die Diversifizierung von Rohstoffimporten mit Sinn und Verstand vorangetrieben werden.
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