Zur Energiekrise und der aktuellen Situation der PCK Raffinerie in Schwedt habe ich der Redaktion der Märkischen Allgemeinen Zeitung für ein telefonisches Interview zur Verfügung gestanden. Das Interview ist am 21.07.2022 auf der Internetseite der MAZ veröffentlicht worden und steht den Lesern unter MAZ+ zur Verfügung (www.maz-online.de).
Herr Koeppen, Sie sind gerade im Wahlkreis in der Uckermark unterwegs: Wie ist die Stimmung dort?
Die Stimmung ist schlecht. Die Menschen hier haben das Gefühl, dass der Osten zum zweiten Mal alleine gelassen wird. Sie haben zum Teil den Eindruck, dass Schwedt mit seiner Raffinerie zum Bauernopfer gemacht werden soll. Die Raffinerie arbeitet sehr erfolgreich und beliefert den ganzen Osten von Rostock bis Suhl mit Kraftstoff. Der Ölpreis steigt weiter trotz oder wegen der Sanktionen, und selbst wenn Russland weniger verkauft, verdient Putin mehr. Das ist eine Sanktionspolitik im Blindflug. Es wird zu massiven Versorgungsschwierigkeiten im Osten führen – bis hin zu Unruhen.
Sie befürchten, dass die Menschen im Herbst auf die Straße gehen?
Die Leute sind ja schon jetzt auf der Straße, wie kürzlich die große Protestaktion zum Erhalt von PCK Schwedt gezeigt hat. Ich will mir nicht ausmalen, was da politisch auf uns zu kommt, wenn es zu den ersten Engpässen an den Tankstellen kommt. Das wird man sich in Ostdeutschland nicht gefallen lassen. Hier knistert förmlich die Luft. Das ist auch irgendwie verständlich, wenn man sagt: Russisches Gas nehmen wir gerne, russisches Öl aber nicht. Das ist doch die reine Heuchelei.
Was ist Ihre Forderung?
Wir schaden uns selbst als Wirtschaftsnation, weil wir einem anderen Land helfen wollen. Ich verstehe sehr gut die Motivlage hinter dieser Politik. Aber wenn wir uns selbst schaden, können wir niemandem helfen. Deswegen sage ich: Es darf ohne Lösung für Schwedt und die Versorgungssicherheit des Ostens kein Öl-Embargo geben.
Sehen Sie nicht, dass Habeck an einer solchen Lösung arbeitet – mit nicht-russischem Öl?
Nein, ich sehe überhaupt keine Fortschritte für PCK. Ich frage im Bundestag in jeder Ausschusssitzung nach und erhalte keine Antworten. Ich habe selbst bei PCK gearbeitet und kenne die Situation sehr genau. Wenn wir fragen, wie es um die nötige Vertiefung des Rostocker Hafens steht, wie viele Schiffe nötig sind, wo diese Schiffe herkommen – keine konkreten Antworten. Und die eingerichtete Task Force ist eine Lachnummer ohne geklärte Zuständigkeiten und ohne Terminplan.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Protokollnotiz zum Öl-Embargo unterschrieben. Muss er einschreiten?
Meine Hoffnung ruht auf der Vernunft des Bundeskanzlers. Er sitzt im Fahrersitz. Ich denke, er sieht selbst, dass er den Osten nicht allein lassen kann. Ich erwarte von ihm, dass er den Wirtschaftsminister an die kurze Leine nimmt und ihm klarmacht, dass es keine Lösung für PCK gibt und deswegen das Öl-Embargo nicht kommen wird.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer steht in der Kritik, weil auch er die Sanktionspolitik infrage stellt. Aus der CDU heißt es, das sei eine Einzelmeinung. Geht ein Riss durch die Partei?
Es ist keine Einzelmeinung, sondern eher eine Meinung, die sich scharf an der Elbe abgrenzt. Ich will kein Ost-West-Thema daraus machen, aber wir haben hier im Osten doch eine etwas andere Sicht auf die Dinge. Ich bin nicht weltfremd und weiß, was man mit den Waffenlieferungen und den Sanktionen bezwecken will. Aber wir dürfen den Krieg nicht ins Unendliche verlängern, und darauf läuft es gerade hinaus. Ich hoffe wie Michael Kretschmer, dass wir wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Die Sanktionspolitik gehört auf den Prüfstand. Und Aussagen, dass man niemals mehr mit Russland zusammenarbeiten kann, sind doch Unsinn. Natürlich brauchen wir irgendwann wieder eine Gesprächsbasis mit diesem Land. Wir sollten die Backen nicht allzu sehr aufblasen.
Quelle: www.maz-online.de
Foto © Jens Koeppen
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