Gleichberechtigung ist in Deutschland im Grundgesetz fest verankert und muss gesamtgesellschaftlich gelebt werden. Den unglücklichen Versuch, Gleichberechtigung in der deutschen Sprache umzusetzen, halte ich jedoch für reine Ideologie. Das sogenannte „Gendern“ hat aber gerade Hochkonjunktur und verhunzt mit Binnen-„I“, Gender*Sternchen, Unter_Strichen und nervigen Redepausen unser Muttersprache. Ich führte dazu kürzlich folgendes Interview zu diesen Thema mit einer Tageszeitung.
Herr Koeppen, was haben Sie gegen das Gendern?
Unsere Muttersprache ist bereits sehr komplex, aber auch schön. Sie wird durch „Gendersternchen“, Unterstriche und Sprachpausen verhunzt und verliert an Würde. Die deutsche Sprache unterscheidet nicht biologisch zwischen Geschlechtern, sondern lediglich grammatikalisch. Sprachwissenschaftlich gesehen sind die Geschlechtsbezeichnungen daher keine Diskriminierung.
Aber Sprache entwickelt sich doch ständig weiter und ist ein Ausdruck und Abbild der Gesellschaft, die sie verwendet. Können wir da überhaupt falsch liegen, wenn wir gendern?
Sprache entwickelt sich ständig weiter – das stimmt – und Sprache braucht Regeln, aber Sprache braucht vor allem auch Freiheit, sich selbst weiterzuentwickeln. Hinter der „gegenderten“ Sprache steht aber eine ideologische Agenda, bei der es nicht um gesellschaftliche Gleichberechtigung geht. „Gendern“ ist kein Ausdruck des Zeitgeistes, sondern steht vielmehr für ein politisches Programm. Diese erzwungene Normierung von Sprache lehne ich klar ab.
Gerade vor Wahlen nutzten insbesondere Politiker seit jeher die Anreden wie Bürgerinnen und Bürger, um alle mitzunehmen und anzusprechen. Haben Sie da nicht Bedenken, dass Ihre Sicht im beginnenden Bundestagswahlkampf am Ende zu einem Bumerang wird?
Die gezielte Ansprache von Männern und Frauen, Jungen und Mädchen, ist bereits in der deutschen Sprache enthalten und braucht keine erzwungene Erweiterung. Man kann korrekt sowohl „die Bürgerin“ oder „den Bürger“ direkt ansprechen. Es ist aber auch genauso richtig, die Mehrzahl „die Bürger“ zu wählen und niemand ist diskriminiert. Der Genderzwang in Hochschulen, Behörden, Medien insbesondere durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stößt jedoch auf wenig Akzeptanz in der Bevölkerung. Beim „Gendern“ geht es nicht um tatsächliche Gleichstellung, sondern es handelt sich ganz klar um ein Elitenprojekt, eine Spielwiese von akademischen links-liberalen Kreisen.
Wie stellen Sie – sprachlich – die Gleichberechtigung von Mann und Frau her? Oder ist das aus Ihrer Sicht nicht so wichtig?
Ich sagte ja bereits, dass die gezielte geschlechterspezifische Ansprache jederzeit möglich ist. Wer darüber hinaus privat „gendern“ möchte, kann dies gerne tun, jedoch lehnt die Mehrheit der Bürger den moralischen Zeigefinger im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab, der sie belehrt, wie sie zu sprechen haben. Wer gibt eigentlich den gebührenfinanzierten Redakteuren das Recht, einen solchen Anpassungsdruck zu erzeugen und sich in geschriebener und gesprochener Form über geltende und in der breiten Gesellschaft akzeptierte Sprachregeln hinwegzusetzen?
Es gibt bei einigen Themen, Aspekten gravierende Unterschiede, wenn es um Frauen oder Männer geht (Besetzung von Führungspositionen, Einkommen…). Was machen Sie ganz konkret, um die Gleichberechtigung vorantreiben?
Die Gleichberechtigung ist in unserer Gesellschaft gegeben, wird gelebt und ist im Grundgesetz fest verankert. Die Bewahrung der Gleichberechtigung erreiche ich jedoch nicht, indem ich unsere schöne Sprache verunstalte. Gleichberechtigung muss gesamtgesellschaftlich gelebt werden. Der politische Rahmen dafür ist längst gegeben. Politische und sprachliche Feigenblätter helfen weder den Frauen noch den Mädchen und schon gar nicht den „Bürger*Innen“.
Foto @ Jens Koeppen
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