Rede im Plenum des Deutschen Bundestages am 15.11.2023, Top 4 Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU “Fairen Strukturwandel in den ostdeutschen Kohleregionen ermöglichen — Verunsicherungen beenden”
Auszug aus dem Plenarprotokoll:
Jens Koeppen (CDU/CSU):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. — Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Kompromissen ist es immer so eine Sache: Dem einen gehen sie zu weit, dem anderen gehen sie nicht weit genug. — Der Kohleausstieg 2038 ist so ein Kompromiss: mühsam ausgehandelt, als gesamtgesellschaftlicher Kompromiss gelobt. Mir ging er immer zu weit, weil viele Details nicht geklärt sind — bis heute nicht. Anderen — wahrscheinlich Ihnen — geht er nicht weit genug. Aber ein Handschlag, ein Agreement muss gelten. Sonst wird es am Ende ein fauler Kompromiss.
Die ständige Diskussion darüber, den Kohleausstieg vorzuziehen, ohne dass die Voraussetzungen nur ansatzweise erfüllt sind, konterkariert die Absprachen in der Kohlekommission. Das verunsichert die Menschen in weiten Teilen Ostdeutschlands. Sie wissen, wie ambitioniert der Ausstieg schon für 2038 ist.
In den ostdeutschen Kohleregionen möchte man den Strukturwandel aktiv mitgestalten. Dazu braucht es Verlässlichkeit seitens der Politik und nicht zusätzliche Verunsicherung.
Meine Damen und Herren, die Voraussetzungen für den Ausstieg sind derzeit nicht ansatzweise in Sicht. Ganz im Gegenteil: Es gibt mehr Fragen als Antworten:
Wie sieht es mit der gesicherten Leistung aus, insbesondere nach dem Abschalten der Kernkraftwerke in Deutschland? Sie sind dabei, das nächste energiepolitische Harakiri zu machen. Sie verlassen sich wieder auf die Nachbarländer, die uns dann versorgen sollen. Das ist, mit Verlaub gesagt, ein Blackout mit Ankündigung.
Gibt es konkrete Lösungsansätze für ein Wassermanagement und die wasserwirtschaftlichen Folgen des Braunkohleausstiegs? Der Kohleausstieg in der Lausitz wird dramatische Folgen weit über die Kohleregionen hinaus haben, bis hin zur Austrocknung vieler Landstriche und Tourismusregionen inklusive der Spree, wenn nicht sofort gehandelt wird.
Erlaubt der Netzausbau, insbesondere bei den Verteilnetzen, einen vorzeitigen Ausstieg? Erlauben die derzeitigen Planungszeiträume einen vorzeitigen Ausstieg? Sind die finanzielle Unterstützung und die zugesagte Begleitung des Staates gesetzlich verankert? Wie sieht es mit den Berichtspflichten aus, die Sie vorzulegen haben? Nicht ein einziger Bericht liegt zum Kohleausstieg vor.
Es gibt Fragen über Fragen, aber keine Antworten darauf. Sie sind noch nicht mal in der Lage, Berichte vorzulegen, geschweige denn Haushalte. Dass dennoch von einem vorgezogenen Kohleausstieg geredet wird, ist für mich unverständlich.
Beenden Sie endlich diese unsägliche Debatte um einen überhasteten Kohleausstieg in Ostdeutschland. Es gibt dazu weder strukturpolitisch noch umweltpolitisch noch gesellschaftspolitisch und schon gar nicht energiepolitisch eine realistische Machbarkeit. Ein überhasteter Ausstieg ist rein von der Ideologie grüner Parteitage geprägt und hat nichts, aber auch wirklich gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
Stellen Sie endlich die Arbeitsverweigerung ein. Kommen Sie in der Realität an. Kommen Sie Ihren Berichtspflichten nach. Sichern Sie den Strukturwandel verbindlich ab. Legen Sie ein wasserwirtschaftliches Konzept vor. Legen Sie ein tragfähiges energiepolitisches Konzept vor. Ermöglichen Sie vor allen Dingen CCS, damit der deutschen Industrie wieder Planungssicherheit und der heimischen Energieversorgung Wettbewerbsfähigkeit gegeben wird.
Kurzum: Kommen Sie endlich in die Schuhe. Hören Sie auf, die Menschen — insbesondere im Osten der Republik — derart zu verunsichern. Beenden Sie die unsägliche Diskussion um einen überhasteten und unrealistischen Kohleausstieg, und machen Sie gefälligst Ihren Job.
Foto © Jens Koeppen
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