Eine Entschei­dung, auf Öl- und Gasim­porte aus Rus­s­land auf Grund eines Embar­gos zu verzicht­en, würde in erster Lin­ie die Men­schen in Deutsch­land, die gesamte Indus­trie, alle Unternehmen und damit die gesamte Gesellschaft schw­er tre­f­fen. Die als Sank­tion gegen Rus­s­land aus­gelegten Maß­nah­men wären nahezu wirkungs­los und wür­den sich in aller Härte gegen unser Land richten.

 

Unsere Ölimporte stam­men zu 35% aus Rus­s­land. Weit über 50% des in Deutsch­land ver­braucht­en Erdgas kom­men eben­falls aus rus­sis­chen Pipelines. Wer zum jet­zi­gen Zeit­punkt Nein zu rus­sis­chen Importen sagt, sagt Ja zu Masse­nar­beit­slosigkeit, wirtschaftlichem Nieder­gang, zu einem Energieblack­out und somit zu schw­eren gesellschaftlichen Verwerfungen.

 

Klar ist, dass wir unsere Energieim­porte bess­er diver­si­fizieren müssen als bish­er, um die Abhängigkeit von einzel­nen Exportlän­dern einzudäm­men. Ein kurzfristiger frei­williger Verzicht auf die Rohstof­fim­porte aus Rus­s­land ist jedoch ohne mas­sive Gefährdung unser­er Energiev­er­sorgung nicht möglich. Wir wür­den damit nicht nur die Per­spek­tiv­en der Men­schen in unserem Land aufs Spiel set­zen, son­dern riskieren oben­drein, dass wir nicht mehr den­jeni­gen Hil­fe leis­ten kön­nen, die nun von Krieg und Vertrei­bung betrof­fen sind.

 

Gut­ge­meinte Sank­tio­nen haben in der Ver­gan­gen­heit oft ihre Wirkung ver­fehlt. Wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen, müssen sie aber so aus­gewählt sein, dass sie den Verur­sach­er tre­f­fen und nicht unsere eigene Bevölkerung. Zudem ist der Wech­sel von einem kri­tis­chen Expor­teur zum näch­sten oder zu kli­maschädlicheren Rohstof­fen wenig einleuchtend.

 

Wenn die gesamte Lan­desregierung Bran­den­burg auf ihrer Kabi­nettssitzung in der Uck­er­mark ein­schätzt, dass in Deutsch­land durch ein Energieem­bar­go mehr als 3 Mil­lio­nen Men­schen zusät­zlich arbeit­s­los wer­den, dann vor dem Hin­ter­grund der Ken­nt­nis über die engen Ver­flech­tun­gen der ost­deutschen Wirtschaft mit den Importen von Energierohstof­fen aus Russland.

 

So wäre Ost­deutsch­land bei einem Ölem­bar­go qua­si voll­ständig von der Ver­sorgung abgeschnit­ten. Wenn die PCK Raf­finer­ie in Schwedt nicht mehr pro­duzieren kön­nte, ste­hen in kürzester Zeit nicht nur die Flugzeuge des BER am Boden, son­dern nahezu jede Tankstelle in Ost­deutsch­land würde mit extremen Lief­er­eng­pässen bis zum Tota­laus­fall zu kämpfen haben. Die Mobil­ität käme nahezu zum Erliegen. Warme Woh­nun­gen oder voll­ge­tank­te PKW wür­den nicht nur über Nacht zum Luxu­sgut, son­dern die Ver­sorgung würde schlichtweg zusam­men­brechen. Das gle­iche gilt dann im Übri­gen auch für die Ver­sorgung mit weit­eren leben­snotwendi­gen Pro­duk­ten und Medika­mente, da auch die Trans­portun­ternehmen nicht mehr ihren Treib­stoff region­al beschaf­fen kön­nten — von den exor­bi­tan­ten Kosten­ex­plo­sio­nen ganz zu schweigen.

 

Eine Umleitung von Erdöl von west­deutschen Raf­fine­r­ien nach Ost­deutsch­land oder aus anderen europäis­chen Quellen ist auf­grund der fehlen­den infra­struk­turellen Voraus­set­zun­gen kurzfristig nicht real­isier­bar. Dazu kommt, dass in Schwedt mit­telschw­eres und schwe­fel­haltiges Erdöl aus Rus­s­land ver­ar­beit­et wird, was auf dem Welt­markt erst ein­mal „zusam­mengestellt“ wer­den muss. Auch müssten die Anla­gen in der Raf­finer­ie umgestellt wer­den. Alles keine Frage von weni­gen Tagen, wie ger­ade von der Bun­desregierung geäußert wurde.

 

Schwedt und seine Raf­finer­ie waren immer ein Garant für die Ver­sorgungssicher­heit. Jet­zt brauchen sie, aber auch ganz Ost­deutsch­land, eine Per­spek­tive. Einen frei­willi­gen Importverzicht von Erdöl und Erdgas rus­sis­ch­er Herkun­ft kön­nen wed­er unsere Region, noch Deutsch­land, noch Europa zum jet­zi­gen Zeit­punkt verkraften.

 

Foto © Jens Koeppen