Vor dem Hin­ter­grund der Kreistagssitzung im Sep­tem­ber fragte mich ein Redak­teur des Nord­kuri­ers nach mein­er Ein­schätzung zur geplanten neuen Flüchtling­sun­terkun­ft im ehe­ma­li­gen AWP Gebäude in Pren­zlau. Gern kön­nen Sie meine Antworten hier lesen. Den voll­ständi­gen Artikel mit dem Titel “Nie­mand ist für ein neues Flüchtling­sheim”, in dem auch andere Abge­ord­nete der Region zu Wort kom­men, find­en Sie in der Aus­gabe des Uck­er­mark Kuriers/ Pren­zlauer Zeitung vom 07.08.2023.

1) Wie kön­nen und wollen Sie sich­er­stellen, dass Sie trotz der Sitzungswoche des Bun­destages an der für Ende Sep­tem­ber ange­set­zten Kreistagssitzung teilnehmen?

Die Ter­minkol­li­sio­nen mit den Ple­nar­sitzun­gen des Deutschen Bun­destages und den Kreistagssitzun­gen sind bedauer­licher­weise nicht neu. Sie ziehen sich wie ein rot­er Faden durch die gesamte Wahlpe­ri­ode. Obwohl dem Kreistags­büro die Sitzungswochen jedes Mal sehr frühzeit­ig angezeigt wer­den, kommt es seit Jahren zu diesen Ter­minkon­flik­ten. Ich habe das mehrfach mündlich und schriftlich sowohl in der Ver­wal­tung als auch in der Frak­tion the­ma­tisiert — lei­der ohne Erfolg. Die Mit­glieder des Deutschen Bun­destag unter­liegen in den 22 Sitzungswochen gemäß Abge­ord­netenge­setz ein­er klar definierten Präsen­zpflicht. Die Berichter­stat­tun­gen der Fach­poli­tik­er kön­nen auch nicht wegen ein­er par­al­lel stat­tfind­en­den Kreistagssitzung delegiert wer­den. Zudem find­en neben den Beratun­gen in den Fach­gremien Abstim­mungen in Frak­tion­ssitzun­gen, in Auss­chüssen und im Plenum statt. Daher ist die Pri­or­ität ein­deutig — jeden­falls für mich. Wenn dem Kreistag ern­sthaft an ein­er Zusam­me­nar­beit mit den Bun­destagsab­ge­ord­neten gele­gen wäre, kann man mit ein wenig Umsicht die vier Sitzun­gen des Kreistages im Jahr bess­er koordinieren.

2) Wie ist Ihre Posi­tion zur geplanten zweit­en und vom Kreistag beschlosse­nen Flüchtling­sun­terkun­ft — auch vor dem Hin­ter­grund der Diskus­sio­nen seit April?

Ich lehne eine zweite Flüchtling­sun­terkun­ft in Pren­zlau ab, wohlwis­send, dass der Land­kreis wenig Hand­lungsspiel­raum hat. Lan­dräte und Bürg­er­meis­ter sind an Weisun­gen gebun­den. Fakt ist jedoch: unsere Kom­munen und die Land­kreise sind hoff­nungs­los mit der Zuwan­derungspoli­tik der Ampel-Regierung über­fordert — sowohl finanziell als auch struk­turell. Es ste­hen schlicht ergreifend keine Unterkün­fte mehr zur Ver­fü­gung. Pren­zlau ist kein Einzelfall. Im laufend­en Jahr hat das Bun­de­samt für Migra­tion und Flüchtlinge über 162.000 Asy­lanträge ent­ge­gengenom­men. Das bedeutet einen Anstieg von nahezu 78 % gegenüber dem Vor­jahr. Die Kriegs­flüchtlinge aus der Ukraine sind hier nicht ein­mal ein­gerech­net, da diese ohne Asylver­fahren eine Aufen­thalts­gewährung zum vorüberge­hen­den Schutz erhal­ten. Der Ball liegt demzu­folge ganz klar im Spielfeld der Bundespolitik.

3) Welche alter­na­tiv­en Unter­bringungsmöglichkeit­en zum ehe­ma­li­gen AWP-Gebäude sehen Sie, um Flüchtlinge in der Uck­er­mark unterzubringen?

Es geht nicht um zusät­zliche Unterkün­fte, son­dern um einen Rich­tungswech­sel in der fatal­en Asyl- und Ein­wan­derungspoli­tik der Bun­desregierung. Zuerst muss die ille­gale Ein­wan­derung gestoppt wer­den. Es kom­men Men­schen aus sicheren Herkun­ft­slän­dern unge­ord­net ins Land, die nach Recht und Gesetz keine Bleibeper­spek­tive in Deutsch­land haben und nor­maler­weise sofort rück­ge­führt wer­den müssten. Stattdessen wer­den sie auf die Kom­munen verteilt, die mit dem Prob­lem völ­lig allein gelassen wer­den. Die ersten Turn­hallen in Bran­den­burg wer­den wieder als Flüchtling­sun­terkun­ft vorbereitet.

An allen deutschen Gren­zen reg­istri­erte die Bun­de­spolizei im ersten Hal­b­jahr mehr uner­laubte Ein­reisen als in der gle­ichen Zeit ein Jahr zuvor – 45 338 im Ver­gle­ich zu 29 174. Der Anstieg an der deutsch-pol­nis­chen Gren­ze war beson­ders gravierend: von 4592 auf 12 331. Damit hat sich die Zahl der auf dieser Route ank­om­menden Flüchtlinge in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Bran­den­burg im Ver­gle­ich zum ersten Hal­b­jahr 2022 ver­dop­pelt, in Sach­sen waren es sog­ar vier­mal so viele wie ein Jahr zuvor. Hier beste­ht extremer Handlungsbedarf.

4) Haben Sie sich mit Pren­zlaus Bürg­er­meis­ter Hen­drik Som­mer oder anderen Vertretern der Kreis­stadt zu dem The­ma aus­ge­tauscht, und wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Ich ste­he im gesamten Wahlkreis mit Bürg­er­meis­tern, Stadtverord­neten und Gemein­de­v­ertretern in Kon­takt. Lei­der ist Pren­zlau kein Einzelfall. Die Sor­gen sind allerorts riesen­groß, der Frust sitzt tief und die Stim­mung in der Bevölkerung ist denkbar schlecht. Es ste­ht außer­dem zu befürcht­en, dass es auf die Men­schen Auswirkun­gen hat, die wegen Krieg und Vertrei­bung ihre Heimat ver­lassen mussten. Bei den Gesprächen geht es parteiüber­greifend nur um eine Frage: Wie kann der derzeit­i­gen Sit­u­a­tion begeg­net wer­den? Und da sind die Mei­n­un­gen der Beteiligten weitest­ge­hend kon­gru­ent. Die nationale Ein­wan­derungspoli­tik muss grundle­gend über­dacht wer­den. Es müssen wieder sys­tem­a­tis­che Gren­zkon­trollen einge­führt wer­den – auch an der Gren­ze zu Polen und Tschechien.

Asylver­fahren müssen extrem beschle­u­nigt wer­den. Ein erhe­blich­er Teil der Asy­lanträge hat offen­sichtlich keinen Bestand. Men­schen, die keine aus­re­ichende Bleibeper­spek­tive haben oder deren Asy­lanträge abgelehnt wur­den, dür­fen erst gar nicht auf die Kom­munen verteilt wer­den. Hier hat das Innen­min­is­teri­um in Bran­den­burg seit dem 1. Juli eine Regelung in der Koali­tion durchge­set­zt, die auch als Blau­pause für andere Bun­deslän­der gel­ten kön­nte. Diese Per­so­n­en müssen in der zen­tralen Erstauf­nah­meein­rich­tung verbleiben und erhal­ten statt Geldzahlun­gen lediglich Sach­leis­tun­gen. Es sollen dem­nach Anreize reduziert wer­den, die zur Zuwan­derung in die Sozial­sys­teme führen. Bun­desin­nen­min­is­terin Faeser muss endlich han­deln und der Bun­deskan­zler sollte sich ein­mal in den Wahlkreis­wochen in sein­er eige­nen Wahlkreis­re­gion umse­hen. Es reicht nicht aus, die Kom­munen mit Finanzen auszus­tat­ten — die im Übri­gen hin­ten und vorne nicht reichen. Die Städte und Gemein­den sind hoff­nungs­los über­fordert. Darüber hin­aus wird für die Bedarfe der Schulen, Kranken­häuser und anderen gesellschaftlich notwendi­gen Ein­rich­tun­gen der Rot­s­tift ange­set­zt. Deutsch­land ist bei Bil­dung und Wirtschaft nur noch Mit­tel­maß, belegt jedoch bei der unge­ord­neten Zuwan­derung einen Spitzenplatz.

Artikel “Nie­mand ist für ein neues Flüchtling­sheim”, Uck­er­mark Kuri­er / Pren­zlauer Zeitung, 07.08.2023

Foto © Jens Koeppen