– erfolgte Schritte und weitere Planungen — Überblick aus dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BEML) –
Unser Land ist traditionell ein wirtschaftlich bedeutsamer Standort. Grade auch vor diesem Hintergrund ist es ein wichtiges Anliegen, in Sachen Tierwohl und Tiergesundheit voranzugehen. Der wirtschaftliche Erfolg unserer Tierhalter und steigende Ansprüche an den Tierschutz, auch durch die Verbraucher, sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Die Standortsicherung der Tierhaltung in Deutschland und ein Mehr an Tierwohl gehören zusammen. Ziel ist daher eine wirtschaftlich erfolgreiche und breit akzeptierte Tierhaltung in Deutschland, denn wenn die Erzeugung in Länder mit geringeren Standards abwandert, werden auch die Tierschutzfragen in andere Länder verlegt. Importiert werden dann Waren, auf deren Standards wir keinen Einfluss haben.
Der Umbau der Tierhaltung kostet Geld. Daher wird dieses Ziel mit Fördermaßnahmen flankiert. Die Landwirte werden so bei wichtigen Weichenstellungen begleitet und finanziell unterstützt. Für das Wohl der Tiere im Stall und auf der Weide haben wir eine besondere Verantwortung. Gleiches gilt aber auch für Haustiere oder Zirkustiere. Auch hier gibt es Verbesserungen und weitere Planungen. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick zu einigen wichtigen Maßnahmen, Planungen und Förderungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
1. Kükentöten verbieten
Was ändert sich?
Das Kabinett hat einem entsprechenden Gesetzesentwurf zugestimmt. Er zielt auf ein flächendeckendes Verbot des Kükentötens in Deutschland ab.
Hintergrund: Jedes Jahr werden allein in Deutschland etwa 45 Millionen Hühnerküken kurz nach dem Schlüpfen getötet. Das ist ethisch nicht vertretbar. Bei den getöteten Küken handelt es sich um die männlichen Geschwister der Legehennen. Sie werden in den meisten Fällen nicht aufgezogen, weil sie sich weniger für die Erzeugung von Fleisch eignen. Das Verbot wird eine Signalwirkung auf andere Länder haben. Frankreich hat bereits angekündigt, dem Beispiel Deutschlands zu folgen.
Möglich wird der Ausstieg aus dem Kükentöten durch die Entwicklung von Verfahren, mit denen das Geschlecht des Kükens bereits frühzeitig im Ei bestimmt werden kann. Dazu hat das BMEL die Grundlagenforschung vorangetrieben und mitfinanziert. Derzeit erfolgt der Aufbau der Infrastruktur für den flächendeckenden Einsatz des Verfahrens. Der Zeitplan Ende 2021 ist ambitioniert, aber zu schaffen. Es soll erreicht werden, dass bei einem Verbot diese Alternativmöglichkeit auch de facto für die Brütereien nutzbar ist und sie nicht aus Deutschland ins Ausland abwandern, wo an ein Verbot des Kükentötens überhaupt nicht gedacht wird.
Mithilfe der praxis- und marktreifen Technik können künftig die Eier, in denen sich männliche Küken entwickeln würden, aus dem Brutvorgang abgezogen werden. Mit der Folge, dass diese Eier erst gar nicht ausgebrütet werden, sich kein Küken entwickelt und schlüpft, das dann anschließend gleich getötet würde. Neben der Geschlechtsbestimmung im Brutei hat das BMEL als weitere Alternative zum Kükentöten die Züchtung von so genannten Zweinutzungshühnern gefördert. Bei Zweinutzungshühnern handelt es sich um Rasse spezifische Genetiken, bei denen die Henne eine ausreichende Legeleistung und der Hahn eine wirtschaftliche Mast- und Schlachtleistung erbringen.
Eine andere Alternative zum Kükentöten ist die Aufzucht der „Bruderhähne”. Sie sind die männlichen Geschwister der Hennen, deren Rasse spezifische Genetik speziell auf das Ziel einer hohen Legeleistung ausgerichtet ist. Einige Betriebe halten die männlichen Tiere zur Erzeugung von Fleisch, was aber etwa viermal so lang wie bei der Aufzucht von Masthühnern dauert. Die höheren Produktionskosten werden in der Regel dadurch ausgeglichen, dass die Eier der Legehennen mit einem entsprechenden Aufschlag vermarktet werden: Jedes Ei der Geschwisterhennen kostet insofern einige Cent mehr.
Förderung: Vom BMEL wurde die Spitzentechnologie gefördert, um den Brütereien marktreife Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung zu stellen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Betriebe nicht ins Ausland abwandern und Tierschutzfragen nicht lediglich exportiert werden. Die mit BMEL-Mitteln entwickelten Grundlagen wurden von der Wirtschaft aufgegriffen, um sie für die Brütereien in praxistaugliche Lösungen zu überführen.
II. Verbot der Ferkelkastration ohne Betäubung
Was ändert sich?
Mit Beginn des Jahres 2021 ist die Ferkelkastration in Deutschland nur noch unter Vollnarkose erlaubt — das betäubungslose Kastrieren ist verboten. Damit ist europaweit eine der ambitioniertesten Regelungen in Kraft getreten: Eine vollständige Schmerzausschaltung muss garantiert sein, nicht wie in manchen anderen Ländern nur eine Schmerzlinderung. Das entspricht den Verbrauchererwartungen und wird dem Tierschutz gerecht.
Hintergrund: Der Großteil der Ferkel in Deutschland wird kastriert. Der Grund: Das Fleisch männlicher Schweine kann einen sehr unangenehmen Ebergeruch entwickeln und ist dann schwer bis gar nicht verkäuflich. Die Kastration wurde bisher bei unter acht Tage alten Ferkeln ohne Betäubung durchgeführt. Seit dem 1. Januar 2021 müssen die Ferkel unter Vollnarkose betäubt sein. Für die Tierhalter in Deutschland bedeutet das einen höheren Aufwand und Investitionen. Mit Förderungen soll ihnen daher unter die Arme gegriffen werden. Alternativ können die Ferkel auch gegen den sich entwickelnden Ebergeruch geimpft werden.
Die Förderung: Um die Landwirte zu unterstützen, werden sowohl die Anschaffung von Narkosegeräten als auch Schulungen unterstützt. An der Nachfrage wurde deutlich, dass die Förderung passgenau ist: Insgesamt wurden etwa 2.700 Förderanträge mit einem Volumen von rund 13,5 Millionen Euro bewilligt. Zudem unterstützt das Landwirtschaftsministerium Forschungsprojekte, so zum Beispiel im Rahmen der Initiative „100.000-Improvac-Eber”, ein Verfahren, bei dem der besagte Ebergeruch durch Impfung verhindert wird.
III. Mehr Tierschutz in der Sauenhaltung
Was ändert sich?
Mehr Tierwohl in der Sauenhaltung ist wichtig. Ein notwendiger Schritt war der Einstieg in die Abschaffung der so genannten Kastenstandhaltung von Sauen, der seit Juli 2020 beschlossene Sache ist.
Hintergrund: Eine Sau wird in der gängigen Praxis üblicherweise bis zu 70 Tage in einem Kastenstand gehalten. Der Kastenstand im Abferkelstall soll die Ferkel nach der Geburt vor dem Erdrücken durch die Muttersau schützen. Der Kastenstand im Deckzentrum dient vor allem als Managementhilfe. Nachteil von Kastenständen ist, dass die Sauen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind. Um das zu ändern, müssen die Ställe umgebaut werden. Da das nicht von heute auf morgen möglich ist und für Landwirte auch große Investitionen bedeutet, wurde entschieden, dass es Übergangsfristen gibt, um aus der Kastenstandhaltung weitgehend auszusteigen. Künftig ist die Fixation im Kastenstand nur noch maximal fünf Tage um den Zeitpunkt der Geburt herum zulässig.
Was gefördert wird: Aus dem Konjunkturpaket wird der Stallumbau für mehr Tierwohl mit 300 Millionen Euro gefördert. Damit werden Landwirte unterstützt, die schon jetzt ihre Ställe umbauen wollen, um schneller als gesetzlich vorgeschrieben aus der Kastenstandhaltung auszusteigen.
IV. Tiere in privater Haltung besser schützen
a) Was ändert sich bei Hunden?
Haustiere sind gerade in der Coronazeit immer beliebter geworden. Auch das Geschäft mit ihnen. Darum wird dem illegalen Welpenhandel verstärkt nachgegangen, und bei der Zucht von Hunden werden die Anforderungen erhöht. Eine entsprechende Verordnung wurde daher bereits vorgelegt. Hunde, die Qualzuchtmerkmale aufweisen, dürfen nicht mehr ausgestellt, also auf Hundeschauen gezeigt werden. Auch ist vorgesehen, dass in der gewerbsmäßigen Hundezucht eine Betreuungsperson künftig maximal drei Würfe gleichzeitig betreuen darf.
Alle Züchter, also auch private, müssen in Zukunft außerdem sicherstellen, dass die Welpenbetreuung die Bedürfnisse der Tiere ausreichend berücksichtigt — auch mit Blick auf den Umgang mit Menschen. Die Anbindehaltung (sogenannter „Kettenhund”, nicht das Anleinen) von Hunden wird grundsätzlich verboten, der erforderliche Auslauf im Freien konkretisiert.
Hintergrund: Der Hund zählt zu den beliebtesten Haustieren in Deutschland. 2019 waren es über neun Millionen Tiere in unserem Land. In fast jedem fünften Haushalt lebt ein Hund. Wer einen Hund hält, muss auch die Verantwortung für diesen übernehmen. Denn Haustiere sind keine Kuscheltiere, sondern haben Bedürfnisse, die jeder Tierhalter kennen und berücksichtigen muss. Dazu gehört auch, dass sichergestellt ist, dass Hunden künftig ein ausreichendes Maß an Bewegung und Kontakt ‘mit Umweltreizen geboten wird. Wichtig ist aber auch, dass bei der Qualzucht stärker durchgegriffen werden muss. Die Qualzucht ist heute schon verboten, trotzdem gibt es nach wie vor Tiere, die darunterfallen. Qualzucht bei Hunden bedeutet, dass durch die Züchtung Körperteile oder Organe untauglich gemacht oder umgestaltet werden, um ein bestimmtes Aussehen zu erreichen. Ein bekanntes Beispiel sind Hunde mit besonders kurzen Köpfen. Wenn dieses natürliche Merkmal ins Extreme gezüchtet wird, leiden die Tiere: Oft haben sie Schmerzen oder können sich nicht richtig bewegen. Es soll neu geregelt werden, dass die so gezüchteten Tiere auch nicht mehr ausgestellt werden dürfen. Durch das Ausstellungsverbot soll der Zuchtanreiz entfallen. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass die Nachfrage nach diesen Hunden steigt.
b) Was ändert sich für Exoten?
Für den Handel mit Wirbeltieren wurden die Anforderungen an das Verkaufspersonal verschärft. Darunter fallen auch viele exotische Tiere wie zum Beispiel Bartagamen, viele Schlangen- oder Papageienarten. Konkret wird festgelegt, dass das gesamte Verkaufspersonal seine Qualifikation der Behörde auf deren Verlangen nachweisen muss, nicht mehr nur wie bisher der Geschäftsführer. Die verantwortliche Person muss ihre Sachkunde in den folgenden Bereichen belegen: Haltung, Pflege, Fütterung, häufige Krankheiten, normales Verhalten der Tiere. Das Personal muss sich zudem regelmäßig fortbilden. Zudem muss ein Tierbestandsbuch geführt werden, aus dem für die zuständigen Behörden klar ersichtlich ist, wie viele und· welche Tiere es im Laden gibt und welche Sachkunde dementsprechend vorhanden sein muss.
Hintergrund: Viele Käufer von exotischen Tieren sind vor dem Kauf schlecht beraten und merken erst zuhause, dass sie mit den Tieren nicht zurechtkommen — und dass der Unterhalt der Tiere teuer ist. Die Folge: Immer mehr Exoten landen in den Tierheimen, die aber auch nicht darauf vorbereitet sind, Tiere mit so spezifischen Ansprüchen aufzunehmen und zu versorgen. Aktuell hat lediglich die verantwortliche Person (z.B. der Geschäftsführer) die Pflicht, gegenüber der zuständigen Behörde den Nachweis ausreichender Sachkunde zu erbringen. Eine entsprechende Regelung für das Personal im Zoofachhandel besteht derzeit hingegen nicht. Mit der vorliegenden Verordnung soll nun festgelegt werden, dass alle Personen, die regelmäßig im Rahmen des gewerblichen Handels mit Wirbeltieren tätig sind, der Behörde gegenüber auf deren V erlangen nachweisen müssen, dass sie über die notwendigen Kenntnisse — als Sachkunde — verfügen. So wird sicher gestellt, dass Verkäufer im Handel der besonderen Verantwortung, die sie tragen, auch gerecht werden. Als erste Ansprechpartner sollen sie kompetent und fachkundig beraten können. Ganz klar muss auch sein: Wenn Zweifel bestehen, wenn das Verkaufspersonal merkt, dass der Interessent den Aufwand unterschätzt, dann muss beraten auch abraten bedeuten.
V. Wildtiere sind keine Zirkustiere
Was ändert sich?
Wildtiere gehören nicht in den Zirkus. Daher wurde eine Verordnung vorgelegt, mit der das Zurschaustellen von Giraffen, Elefanten, Nashörnern, Flusspferden, Primaten und Großbären in Wanderzirkussen verboten werden soll. Diese Tiere dürfen nicht neu angeschafft werden. Gleichzeitig wird daran gearbeitet, dass andere Wildtiere, vor allem Großkatzen wie Löwen und Tiger, rechtssicher einbezogen werden können. Zudem werden zum ersten Mal konkrete und verbindlich einzuhaltende Anforderungen an das Halten, den Transport und das Training für alle Tiere im reisenden Zirkus erarbeitet. Es soll zum Beispiel geregelt werden, wie Haltungseinrichtungen gestaltet sein müssen oder Trainings- und Transportbedingungen aussehen sollen.
Hintergrund: Die Haltung im Zirkusbetrieb ist für Wildtiere eine große Belastung. Sie sind an bis zu 50 wechselnden Orten im Jahr, Gehege und Ausläufe sind dort zumeist beengt. Dabei haben Wildtiere — im Vergleich zu domestizierten Tieren — höhere Ansprüche, wenn es um eine artgerechte Haltung geht. Der Umgang mit dem Menschen und mangelhafte Haltungsbedingungen verursachen bei Wildtieren deutlich mehr Stress als bei Haustieren.
VI. Modellvorhaben, Forschungsprojekte
Über die genannten konkreten Projekte hinaus fördert das Bundeslandwirtschaftsministerium viele Forschungsprojekte. Nachfolgend einige Beispiele.
Mehr Alternativen zu Tierversuchen
Deutschland nimmt bei der Erforschung und Entwicklung von Alternativen zu Tierversuchen eine Vorreiterrolle ein. Mit dem Betrieb des Deutschen Zentrums zum Schutz von Versuchstieren (etwa 1,5 Millionen Euro jährlich) genauso wie mit der Forschungsförderung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (etwa 400.000 Euro jährlich) wird ein wesentlicher Beitrag zum Tierschutz geleistet. Erklärtes Ziel ist: Wo immer möglich, soll auf Tierversuche zu verzichtet werden.
Bundesprogramm in Nutztierhaltung
Das Bundesprogramm Nutztierhaltung ist Bestandteil der Nutztierstrategie. Ziel ist eine konsequente Weiterentwicklung der Haltungsbedingungen zur Verbesserung des Tierwohls und Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt. Im Bundesprogramm wird die Einrichtung von drei bundeslandübergreifenden Tierwohlkompetenzzentren für Schweine, Rinder und Geflügel gefördert. Hier erfolgt der Wissenstransfer in Ausbildung und Praxis über digitale Medien und auch unter Einbindung der Modell- und Demonstrationsvorhaben.
Folgende Handlungsfelder gehören ebenfalls dem Bundesprogramm an:
Ställe der Zukunft
Gefördert werden Experimentierställe bei Landes- und Versuchsanstalten, wo beispielsweise neue tierwohlgerechtere Stallbaukonzepte für die Sauenhaltung entstehen, die dort erprobt und dann in der Praxis genutzt werden können.
Modell- und Demonstrationsvorhaben
Mit den Modell- und Demonstrationsvorhaben sollen die Haltungsbedingungen von Nutztieren verbessert und das Tierwohl in der landwirtschaftlichen Tierhaltung gesteigert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Umsetzung neuer Erkenntnisse und innovativer Maßnahmen, die Gesundheit und Wohl der Tiere, eine tiergerechte Haltung oder die Auswirkungen moderner Tierhaltungsverfahren auf die Umwelt betreffen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Einrichtung von Beratungsinitiativen dazu, wie mehr Tierschutz umgesetzt werden kann. Diese unterstützen die Betriebe in der Praxis. Außerdem wird ein Netzwerk aus Demonstrationsbetrieben geschaffen, die bisher noch nicht in der Praxis angewandte innovative Verfahren oder eine Anpassung der Haltungstechnik zur Verbesserung des Tierwohls umsetzen.
Digitalisierung rettet Tiere
Rehkitze, Junghasen, am Boden brütende Vögel und andere Tiere suchen besonders im Frühjahr Schutz im hohen Gras — ein gefährlicher Ort, wenn Landwirte die Wiesen mähen. Deshalb hat das BMEL das Projekt “Wildretter” gefördert: Drohnen werden dabei mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, um Tiere zu orten und vor dem Mähtod zu bewahren. Durch die Forschungsförderung des Ministeriums wurden dazu die Grundlagen entwickelt. Mittlerweile haben zahlreiche Maschinenanbieter Wildretter-Systeme im Programm.
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Bild @ Jens Koeppen
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