Die Änderung des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes vom 12.04.2021 lehne ich mit fol­gen­der Begrün­dung ab:

Ich sehe in der vorge­se­henen Bun­des­ge­set­zge­bung die Ver­hält­nis­mäßigkeit zwis­chen Grun­drecht­sein­schränkun­gen und Virus­bekämp­fung nicht gegeben.

Deutsch­land befind­et sich seit nahezu 6 Monat­en in einem zweit­en Lock­down. Viele Schüler sind seit 4 Monat­en nicht mehr in der Schule, Geschäfte sind in vie­len Teilen Deutsch­lands seit Wei­h­nacht­en geschlossen, Restau­rants und Bars blieben seit Anfang Novem­ber geschlossen, Über­nach­tun­gen zu touris­tis­chen Zweck­en dür­fen inner­halb von Deutsch­land eben­falls seit Novem­ber nicht mehr ange­boten wer­den, eben­so wur­den fast alle Freizeitak­tiv­itäten verboten.

Die Inzi­denz­zahlen bewe­gen sich jedoch nicht auf die poli­tisch geset­zte Zielzahl zu, sie steigen aber auch nicht expo­nen­tiell. Die Antwort darauf soll nun laut­en, den Lock­down zu ver­längern und sog­ar bun­de­sein­heitlich zu ver­schär­fen. Das erscheint willkür­lich und jede Ver­hält­nis­mäßigkeit zu den Ein­schränkun­gen der Grun­drechte gerät mit der geplanten nächtlichen Aus­gangssperre voll­ständig aus den Fugen. Seit Monat­en gibt es ohne­hin kaum noch Möglichkeit­en der Freizeit­gestal­tung. Jet­zt noch abendliche Spaziergänge oder Besuche bei Fam­i­lien­ange­höri­gen voll­ständig zu ver­bi­eten, ist abso­lut inakzeptabel.

Wollen wir denn wirk­lich in unser­er lib­eralen Gesellschaft den Bürg­ern das Gefühl geben, dass sie wie Straftäter auf Freigang behan­delt werden?

Wird an den wenig aus­sagekräfti­gen und poli­tisch fest­gelegten Inzi­den­zw­erten starr fest­ge­hal­ten, wer­den wir aus dem für viele Men­schen mit­tler­weile trau­ma­tis­chen und wirtschaftlich ruinösen Dauer­lock­down nicht mehr herauskommen.

Die Ver­schär­fung des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes kommt zu ein­er Zeit, in der die Poli­tik eher mit Zuver­sicht und deut­lichen Anstren­gun­gen beim Schaf­fen ein­er Testin­fra­struk­tur, nach­fragegerecht­en Imp­fange­boten und Aufk­lärung sowie Stärkung der Kranken­hausstruk­turen agieren sollte. So hätte man beispiel­sweise nicht allein die Bet­tenka­paz­itäten ver­stärken sollen, son­dern das let­zte Jahr auch nutzen sollen, um per­son­elle Kapaz­itäten aufzubauen.

Die Ster­be­fälle gehen erfreulicher­weise zurück und die soge­nan­nten vul­ner­a­blen Grup­pen kon­nten bere­its zum größten Teil immu­nol­o­gisch ver­sorgt werden.

Die Impfver­sorgung der gefährde­ten Grup­pen wurde ursprünglich mit dem Aus­blick ver­bun­den, zur Nor­mal­ität zurück zu gelan­gen und die mas­siv­en Ein­schränkun­gen zu been­den. Die geplante Nov­el­le des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes geht bedauer­licher­weise in die völ­lig andere Rich­tung. Dabei wer­den mas­sive Schädi­gun­gen, ins­beson­dere von Kindern und Jugendlichen, die kom­plette Vere­in­samung von Senioren, aber auch die Ver­nich­tung tausender wirtschaftlich­er Exis­ten­zen, ohne den Ansatz ein­er Abwä­gung in Kauf genommen.

Foto @ Jens Koeppen