Zum The­menkom­plex PCK-Schwedt, Aus­las­tung und Ver­sorgungssicher­heit habe ich einem Jour­nal­is­ten des rbb einige Fra­gen beant­wortet. Meine Antworten stelle ich Ihnen hier gerne zur Verfügung.

a) Wie bew­erten Sie die let­zten Aus­sagen von Michael Kell­ner, dass genug Rohöl für eine Aus­las­tung der PCK-Raf­finer­ie von 70 Prozent im Jan­u­ar geliefert wurde? Davon sollen 60 Prozent über Rock­stock gekom­men sein. Die zusät­zlichen 10 Prozent aus Polen wur­den nach Kell­ners Aus­sagen gelagert und das PCK wollte sie nicht verarbeiten.

Hinge­gen der voll­mundi­gen presseöf­fentlichen Ankündi­gung von Bun­desmin­is­ter Habeck im April 2022, dass man in weni­gen Tagen die Rohöl­liefer­un­gen für Schwedt voll­ständig erset­zen kann, ist seit­dem sehr wenig passiert. In den Antworten der Bun­desregierung auf schriftliche Anfra­gen und auch im Auss­chuss wird von Liefer­men­gen um die 60 Prozent gesprochen. Tat­säch­lich waren es im Jan­u­ar noch einige Punk­te darunter. PCK-Schwedt wird qua­si auss­chließlich über die über 50 Jahre alte Pro­duk­t­pipeline von Ros­tock aus beliefert. Diese ist allerd­ings nicht für Rohöl vorge­se­hen und auch auf Dauer völ­lig untauglich, um die mod­erne Raf­finer­ie in Schwedt zu beliefern. Die 70 Prozent Aus­las­tung wur­den einzig und allein vom Min­is­ter Habeck und seinen Staatssekretären in Aus­sicht gestellt. Die Liefer­un­gen über Polen sind ja, wie nun mit­tler­weile bekan­nt, nicht so erfol­gt wie von Staatssekretär Kell­ner am 15. Dezem­ber im Bun­destag angekündigt. Lei­der hat sich auch die Bran­den­bur­gis­che Lan­desregierung, ins­beson­dere Wirtschaftsmin­is­ter Stein­bach, von Berlin ein­nor­den lassen, statt für die Indus­tri­e­s­tandorte in Bran­den­burg einzuste­hen. Vielle­icht kön­nten ja Staatssekretär Kell­ner und Min­is­ter Stein­bach uns alle aufk­lären, wo die übri­gen Ölmen­gen gelagert wer­den? Es wurde doch immer erk­lärt, dass man die Rohöl­lager vor­sor­glich voll­ständig gefüllt habe, um ggf. fehlende Liefer­un­gen zur Absicherung der Ver­sorgung aus­gle­ichen zu kön­nen. Es passt hier wirk­lich recht wenig zusam­men. Fest ste­ht aber: den Ankündi­gun­gen kann man wenig Ver­trauen und Glauben schenken!

b) Was ist Ihr Ken­nt­nis­stand zu der aktuellen Aus­las­tung der PCK-Raf­finer­ie? Woher haben Sie diese Informationen?

Wie bere­its erwäh­nt ca. 60% — das sind die Antworten der Bun­desregierung im Auss­chuss und auf schriftliche Anfra­gen von Abge­ord­neten. In Gespräch mit Zuständi­gen aus dem unmit­tel­baren Umfeld der PCK-Raf­finer­ie kann nicht ein­mal diese Zahl bestätigt wer­den. Mit­tel- und langfristig, das muss jedem klar sein, kann mit diesem niedri­gen Aus­las­tungs­stand eine Raf­finer­ie wed­er tech­nisch noch wirtschaftlich arbeit­en. Eine Raf­finer­ie dieser Größenord­nung hat im Nor­mal­fall eine Aus­las­tung von über 95 Prozent.

c) Wird Deutsch­land am Ende wegen Ver­tragsver­let­zun­gen gegenüber rus­sis­ch­er Ölliefer­an­ten Strafen zahlen müssen? Wie kann man sich­er sein?

Das ist dur­chaus möglich und kon­nte auch durch die Bun­desregierung in den Befra­gun­gen nicht aus­geschlossen wer­den. Das wurde anfangs sog­ar vom Bun­desmin­is­teri­um ange­führt, um im März 2022 und auch noch Anfang April 2022 ein Embar­go auf rus­sis­ches Pipeline-Öl abzulehnen. Die Begrün­dung: Wir müssten trotz Embar­go sowieso Geld an Putin über­weisen. Jet­zt schweigt man schlicht auf unsere Fra­gen dazu.

d) Was tun Sie, um genauere Infor­ma­tio­nen über Liefer­men­gen, Aus­las­tung der Raf­finer­ie und mögliche Ver­tragsver­let­zun­gen von der Bun­desregierung und/oder den PCK-Gesellschaftern zu erhalten?

Wir fra­gen immer und immer wieder nach bei der Bun­desregierung. Die Gesprächs­bere­itschaft ist allerd­ings mar­gin­al und gren­zt an Auskun­ftsver­weigerung. Was uns gesagt wird, ist auch nicht immer unbe­d­ingt kor­rekt. Wir führen aber auch regelmäßig Gespräche mit der PCK-Geschäft­sleitung und dem Betrieb­srat sowie exter­nen Experten. Als Näch­stes sehe ich, dass wir als Par­la­men­tari­er Aktenein­sicht beantra­gen werden.

e) Es ist bekan­nt gewor­den, dass Deutsch­land auch der Hauptliefer­ant für raf­finiertes Öl Rich­tung Polen ist. Das stört den ein oder anderen unter dem Mot­to, wir müssen uns ein­schränken, damit wir auf der pol­nis­chen Seite wiederum bil­liger tanken. Hal­ten Sie das für sinnvoll?

Nein. Nur wenn die PCK aus­ge­lastet ist und auch genü­gend Pro­duk­te verkaufen kann, wird der Stan­dort gesichert. Sin­nvoll ist, dass die Rohölver­sorgung der PCK sichergestellt wird, damit die Raf­finer­ie wirtschaftlich arbeit­en kann.  Wenn man poli­tisch die Ver­sorgungsin­fra­struk­tur kappt, ist man auch poli­tisch in der Pflicht, eine Alter­na­tive anzu­bi­eten und den Stan­dort zu sich­ern. Hier erken­nt man schnell fehlende Ken­nt­nis der Bun­desregierung, grüne Ide­olo­gie und let­z­tendlich Igno­ranz gegenüber den Gegeben­heit­en auf den Märkten.

f) Was ver­muten Sie, steckt hin­ter den Unklarheit­en, die momen­tan beste­hen. Die einen sagen, die pol­nis­che Seite möchte das PCK mehrheitlich übernehmen, die andere Seite sagt, das möchte die Bun­desregierung tun­lichst ver­mei­den. Haben Sie da mehr Einblick?

Es gibt dazu nur Nich­taus­sagen aus dem Hause Habeck. Man schweigt sich aus. Ich bin per­sön­lich der Mei­n­ung, dass wir uns nicht von der einen Abhängigkeit in die näch­ste Unsicher­heit begeben soll­ten. Wir brachen ver­lässliche Part­ner. Wie jet­zt bekan­nt gewor­den ist, kauft sog­ar Polen nach wie vor rus­sis­ches Erdöl über die vorhan­dene Infra­struk­tur. Im Jan­u­ar waren es wohl min­destens 500.000 Ton­nen. Weit­ere größere Men­gen sind bere­its bestellt. Wenn Polen weit­er­hin rus­sis­ches Erdöl bezieht, obwohl sie laut gemein­samer Pro­tokollerk­lärung mit dem Bun­deskan­zler frei­willig darauf verzicht­en woll­ten, plädiere ich dafür, dass auch PCK Schwedt und Leu­na weit­er­hin mit rus­sis­chem Erdöl über die Pipeline Drusch­ba ver­sorgt wer­den können.

g) Sollte die Bun­desregierung die Anteile von Shell und Eni aufkaufen? Sind Sie für eine Ver­staatlichung von PCK? Falls ja, warum, falls nein, warum?

Wir brauchen leis­tungs­fähige Anteil­seign­er, die ein Inter­esse am Stan­dort haben und diesen weit­er­en­twick­eln wollen. Wenn das Habeck-Min­is­teri­um die Anteile übern­immt, wird es sicher­lich nur darum gehen, dem Min­is­ter bis zur näch­sten Wahl 2024 den Kopf zu ret­ten. Man würde den Stan­dort der Mark­t­bere­ini­gung opfern. Das ist keine gute Per­spek­tive! PCK Schwedt ist wirtschaftlich eine der erfol­gre­ich­sten Raf­fine­r­ien. Eine gute Pipeline-Infra­struk­tur, hochmo­tivierte und gut aus­ge­bildete Mitar­beit­er und bish­er ein gutes Man­age­ment zeich­nen den Erfolg aus und war anderen Min­er­alölkonz­er­nen ein Dorn im Auge. Man wäre in der Branche sicher­lich über ein Aus nicht traurig.

h) Wie stellen Sie sich die ide­ale Gesellschafter­struk­tur für PCK vor?

Wir brauchen leis­tungs­fähige Inve­storen, welche die Zukun­ft des Stan­dorts im Blick haben, auch im Hin­blick auf die bevorste­hende Trans­for­ma­tion. Dafür muss die Raf­finer­ie jet­zt voll­ständig weit­er­laufen, um fit für die kom­mende Erneuerung zu sein. Es muss zudem sichergestellt wer­den, dass die Anteile nicht an Invest-Heuschreck­en ver­scher­belt wer­den, die lediglich eine Mark­t­bere­ini­gung im Blick haben.

i) Wie hört die pri­vate Energiev­er­sorgung in pri­vater oder lieber in staatlich­er Hand?

Wir brauchen leis­tungs­fähige Anteil­seign­er mit einem hohen Inter­esse am Stan­dort Schwedt. Die PCK als Teil der Stadtwerke kann ich mir schlecht vorstellen. Die öffentliche Hand wäre hoff­nungs­los mit ein­er solchen Auf­gabe über­fordert und würde in der Reg­ulierungswut das Kerngeschäft vergessen. Selb­st die jet­zige Treuhand­ver­wal­tung der Ros­neft-Anteile lassen nichts Gutes ahnen, wie man das jet­zt bei der Röhölbeschaf­fung bere­its sehen kann. Die Bun­desregierung verord­net den Men­schen Elek­troau­tos, ohne die Umwelt­bi­lanz und Leis­tungs­fähigkeit der E‑Mobilität zu beleucht­en. PCK Schwedt soll ein Trans­for­ma­tion­spro­jekt wer­den, ohne auch nur ansatzweise ein Äquiv­a­lent zur dor­ti­gen Energiemenge nachzuweisen. Die Zeit ist aber noch nicht reif. Wasser­stoff funk­tion­iert nicht ansatzweise so, dass man die PCK damit allein sin­nvoll betreiben kann. Der Trans­for­ma­tion­sprozess kann poli­tisch jet­zt angeschoben wer­den. Das ist richtig. Aber ganz klar ist auch: Die grü­nen Ver­ant­wor­tungsträger kön­nen die fehlen­den tech­nol­o­gis­chen und infra­struk­turellen Voraus­set­zun­gen der Trans­for­ma­tion nicht mit ihrer Ide­olo­gie wettmachen. Das braucht ein­fach Zeit und Inno­va­tio­nen. Hier muss man in Dekaden denken, nicht in Monat­en. Und auch dann wird man nicht die gesamten Energiemen­gen erset­zen kön­nen. Wir dür­fen nicht zulassen, dass die derzeit­i­gen Pro­tag­o­nis­ten im Wirtschaftsmin­is­teri­um mit ihrer Ide­olo­gie den Stan­dort Schwedt ruinieren, schon gar nicht als Anteilseigner.

Foto © Jens Koeppen