Rede­beitrag Jens Koep­pen MdB zu einem möglichen Ölem­bar­go, TOP 7 am 18.05.2022.

Auszug aus dem Plenarprotokoll:

Jens Koep­pen (CDU/CSU):

Vie­len Dank. — Frau Präsi­dentin! Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen! Um es gle­ich vor­wegzunehmen: Nie­man­den, wirk­lich nie­man­den, lassen die schreck­lichen Bilder dieses Krieges unberührt, und es gibt auch nie­man­den, der kein schnelles Ende will. Die Frage ist bloß: Welche Schritte dazu gibt es? — Ein Ölem­bar­go ist es im Zweifel nicht. Das ist jeden­falls meine Meinung.

(Beifall bei Abge­ord­neten der AfD)

Egal wie gut es gemeint ist: Wir kön­nen uns nicht schwächen, wenn wir anderen helfen wollen. Wir müssen vom Ende her denken. Die Forderung nach einem Ölem­bar­go hat zu viel Verun­sicherung geführt, Exis­ten­zäng­ste geschürt, und sowohl die Unken­nt­nis über die Fak­ten bei der Bun­desregierung als auch die Ver­drän­gung der ern­sten Lage bei der Ver­sorgungssicher­heit haben das noch ver­stärkt. Hier ist eher der Wun­sch Vater des Gedankens. Das Mot­to „Es wird schon irgend­wie gut gehen“ ist wie ein Ritt auf der Rasierklinge.

Dazu ein paar Anmerkun­gen in ein paar weni­gen Punkten:

Punkt 1. Es ist kein regionales Prob­lem irgend­wo in den fer­nen, end­losen Weit­en der Uck­er­mark und auch kein rein ost­deutsches Prob­lem. Ich sage das als Schwedter, der in dieser PCK seine Aus­bil­dung zum Elek­trotech­niker gemacht hat. Ost­deutsch­land wird zwar die größte Last tra­gen — ohne Zweifel -, aber die Fol­gen wer­den sich auf die gesamte Bun­desre­pub­lik Deutsch­land auswirken.

Punkt 2. Die gefährliche Igno­ranz der Fak­ten in der Bundesregierung.

(Dr. Götz Fröm­ming (AfD): Kol­le­gen, hören Sie zu!)

Der Besuch von Min­is­ter Habeck in der Schwedter Raf­finer­ie hat die ganze Plan­losigkeit der Bun­desregierung offen­bart. Es wurde dort von Arbeit­splätzen, von Bun­deshil­fen für Schwedt und über die gold­ene Zukun­ft des Wasser­stoffs in 20 Jahren gere­det. Es wurde davon gere­det, einen Plan zu haben, es wurde davon gere­det, gute Gespräche zu führen, aber die Ver­sorgungssicher­heit von Ros­tock bis nach Suhl wurde außen vor gelassen.

(Tim­on Grem­mels (SPD): Stimmt doch gar nicht! Das ist doch nicht richtig!)

Dabei ist die Erdölleitung Fre­und­schaft nach Schwedt der Dreh- und Angelpunkt für die Ver­sorgungssicher­heit in einem großen Teil der Bundesrepublik.

Wie sollen denn 12 Mil­lio­nen Ton­nen Jahre­spro­duk­tion in Schwedt erset­zt wer­den? — Die Frage bleibt unbeant­wortet, und es ist zu befürcht­en, dass es erhe­bliche Ver­sorgungsen­g­pässe im gesamten Osten in vie­len Bere­ichen des öffentlichen Lebens geben wird.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abge­ord­neten der CDU/CSU)

Kön­nen west­deutsche Raf­fine­r­ien bei der Kapaz­ität und bei der fehlen­den Infra­struk­tur aushelfen? Wie viele TKWs müssten denn dann jeden Tag vom West­en nach Osten fahren? 3 000? 4 000? — Die Frage bleibt unbeantwortet.

Wie kön­nen 70 000 Ton­nen Öl pro Tag über die Erdölleitung Fre­und­schaft erset­zt wer­den? — Keine Antwort!

(Tim­on Grem­mels (SPD): Doch!)

Wie kön­nen 32 000 Ton­nen Öl pro Tag, die alleine die Raf­finer­ie Schwedt braucht, um einiger­maßen effizient zu fahren, erset­zt wer­den? — Keine Antwort!

Über die Leitung Ros­tock, von der immer die Rede ist, kom­men lediglich 19 000 Ton­nen pro Tag. Wo kommt der Rest her, Frau Staatssekretärin? — Keine Antwort!

Was kann wirk­lich über den Hafen Ros­tock anlan­den, der ja viel zu flach für große Schiffe ist, dessen Wasser­tiefe also nicht aus­re­icht? — Keine Antwort!

Damit komme ich zum Punkt 3: die welt­fremde Arglosigkeit der Bun­desregierung. Die Diver­si­fizierung der Rohstof­fim­porte ist eine wichtige Auf­gabe; das ist über­haupt gar keine Frage. Aber abso­lut unver­ständlich ist, wie das Ölem­bar­go von Deutsch­land aus ohne eine Lösung so mas­siv vor­angetrieben wer­den kann. Die Bun­desregierung sug­geriert sog­ar, dass die Ver­sorgung über Schwedt mit zwei Schif­f­en in der Woche irgend­wie über Ros­tock funk­tion­ieren kann. Der Rest würde dann irgend­wo aus Danzig kommen.

Das bringt mich zum vierten Punkt: offene Fra­gen. Im Auss­chuss und über­all oft gefragt, aber nicht beantwortet:

(Tim­on Grem­mels (SPD): Sie haben doch heute im Auss­chuss keine Fra­gen gestellt!)

Welche zwei Schiffe sind das? Welche Kapaz­itäten haben diese Schiffe? Kön­nen die Schiffe den Hafen Ros­tock anfahren, oder ist er zu flach? Muss der Hafen ver­tieft wer­den? Wie lange dauert die Aus­bag­gerung? Ist die Vor­bere­itung schon getrof­fen? Gibt es Genehmi­gun­gen? Ist die richtige Ölmis­chung für die Raf­finer­ie Schwedt über­haupt ver­füg­bar? Welche Umrüs­tun­gen müssen gemacht wer­den? Und so weit­er und so fort.

(Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit der Ein­stel­lung kom­men wir nicht voran!)

Hier gibt es viele weit­ere Fra­gen, die ich noch anmerken kön­nte, zum Beispiel zur Ölre­serve. Welche Verträge gibt es mit Danzig? Gibt es alter­na­tive Ölimporte, oder ist es am Ende das gle­iche rus­sis­che Öl, das wir dann unter ein­er anderen Flagge über die Leitung bekommen?

(Beifall bei der AfD)

Wie sieht die Logis­tik aus? Und so weit­er und so fort.

Meine Damen und Her­ren, es mag sein, dass das ren­i­tente Fra­gen sind, aber bevor man ein Ölem­bar­go macht, muss man Fra­gen beant­worten. Die bleiben unbe­nan­nt, oder die Antworten sind im Nebel der Worthülsen nicht mehr zu erkennen.

(Tim­on Grem­mels (SPD): Aber es gibt schon einen Wider­spruch zu Andreas Jung jet­zt, oder?)

Das Prinzip Hoff­nung ist mir auf­grund der Ern­sthaftigkeit der Lage zu wenig, und ich schließe mich daher der bran­den­bur­gis­chen Lan­desregierung an, die gesagt hat: Jede Woche ohne ein Embar­go ist eine gute Woche.

Vie­len Dank.

Foto © Jens Koeppen