Den CDU-Bun­destagsab­ge­ord­neten für Uck­er­mark und Barn­im, Jens Koep­pen, trafen wir für ein Sommerinterview.

 

  1. Herr Koep­pen, die Poli­tik macht Urlaub – jeden­falls ist der Bun­destag in der Som­mer­pause. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Ich bin noch nicht im Urlaub, aber in der Tat urlaub­sreif, was bei der mis­er­ablen Per­for­mance der links-lib­eralen Ampel­regierung kein Wun­der ist. Ich bin jet­zt in mein­er 5. Wahlpe­ri­ode, aber eine solch unpro­fes­sionelle und von rein­er Ide­olo­gie geprägte Poli­tik ist mir bish­er nicht begeg­net. Ich hoffe, dass die „Ampel“ in der par­la­men­tarischen Som­mer­pause auch mal innehält und ihre Arbeit reflektiert.

 

  1. Sie sind viel unter­wegs im Wahlkreis – Bürg­erkon­takt ist für Sie kein Fremd­wort. Was bewegt die Men­schen in Uck­er­mark und Barnim?

Es ist ger­ade die derzeit­ige Poli­tik, welche die Men­schen umtreibt. Immer wieder sind Ini­tia­tiv­en der Bun­desregierung frei von jed­wed­er Logik und es scheint, als blenden die Pro­tag­o­nis­ten in den Min­is­te­rien die Wirk­lichkeit vol­lkom­men aus. Die Men­schen haben das Gefühl, dass sie zum Spiel­ball von Ide­olo­gie und poli­tis­ch­er Kor­rek­theit wer­den. Die Infla­tion ist weit­er­hin auf hohem Niveau, die Preise steigen und die Verun­sicherung ist über­all spür­bar. Städte und Land­kreise sind auf­grund der unge­ord­neten Ein­wan­derung völ­lig über­lastet. Die deutsche Sprache wird sys­tem­a­tisch ver­hun­zt und „Can­cel Cul­ture“ — also die Absage‑, Lösch- oder Zen­surkul­tur — gehört mit­tler­weile zum deutschen medi­alen All­t­ag. Nahezu alle poli­tis­chen Entschei­dun­gen, immer neue Belas­tungs- und Ver­bots­de­bat­ten, wer­den heutzu­tage entwed­er mit der Erder­wär­mung oder mit dem Krieg in der Ukraine gerecht­fer­tigt. Kri­tis­ches Hin­ter­fra­gen ist nicht erwün­scht. Bürg­er, die kri­tisch den Main­stream hin­ter­fra­gen, oder dem gar wider­sprechen wer­den stig­ma­tisiert und in eine ver­meintlich undemokratisch rechte Ecke gestellt. Auch kri­tis­che Wis­senschaftler und Kün­stler wer­den als „Schwur­bler“ dif­famiert, wenn sie sich nicht ein­rei­hen. Das muss ein Ende haben.

 

  1. Ihr Parteivor­sitzen­der und Frak­tion­schef Friedrich Merz sorgte mit seinem ZDF-Som­mer­in­ter­view und seinen Aus­sagen zum Umgang mit der AfD für Auf­se­hen. Was hal­ten Sie von seinem Ansatz?

Friedrich Merz hat das gesagt, was eigentlich für jeden eine Selb­stver­ständlichkeit sein sollte: Freie Wahlen sind das Fun­da­ment unser­er Demokratie. Dazu gehört es dann aber auch, das Wahlergeb­nis und damit das Votum der Bürg­er zu akzep­tieren. Man kann nicht so lange wählen lassen, bis einem das Ergeb­nis genehm ist. Das führt zu Ver­bit­terung und Poli­tikver­drossen­heit. Auch ein “Demokratiecheck” nach jed­er Wahl ist völ­lig inakzept­abel und würde let­z­tendlich zu weit­er­er Abwan­derung der Wäh­ler führen. Man muss nun ein­mal mit dem Votum leben, daraus Schlüsse für die eigene inhaltliche Arbeit ziehen. Dazu gehört auch, dem gewählten Kon­tra­hen­ten — ob Kan­zler, Min­is­ter­präsi­dent, Lan­drat, Bürg­er­meis­ter oder der jew­eils stärk­sten Frak­tion — mach­bare (Gegen)Vorschläge zur poli­tis­chen Gestal­tung vor Ort zu unter­bre­it­en. Eine reine Fun­da­men­tal-Oppo­si­tion bedeutet für die entsprechende Ebene let­z­tendlich Still­stand — und das, je nach gewählter Posi­tion, 5 oder 8 Jahre lang. Das ist nicht mein Ver­ständ­nis als Abgeordneter.

 

  1. Die Aus­sagen von Friedrich Merz haben in der CDU auch für ges­pal­tene Reak­tio­nen gesorgt. Hat er den notwendi­gen Rück­halt in der Partei und in der Fraktion?

Friedrich Merz ist mit einem über­ra­gen­den Ergeb­nis zum Bun­desvor­sitzen­den gewählt wor­den und er ist Vor­sitzen­der der CDU/C­SU-Bun­destags­frak­tion. Das ihn Mit­stre­it­er aus den eige­nen Rei­hen maßregeln, die gern selb­st an sein­er Stelle wären, aber ihm nicht im Ansatz das Wass­er reichen kön­nen, liegt wohl an der entsprechen­den Eit­elkeit und dem jew­eili­gen Ego. Das muss Merz aushal­ten. Ich erin­nere daran, dass er sich nach der ver­lore­nen Wahl gegen Armin Laschet ein­gerei­ht hat und in die hin­tere Rei­he getreten ist. Das erwarte ich auch von anderen. Außer­dem muss man etwas rel­a­tivieren. Für mich ist sehr offen­sichtlich, dass ins­beson­dere die regierungs­fre­undlichen Medi­en die Mei­n­un­gen der bekan­nten „Merz-Kri­tik­er“ in den Fokus stellen, um daraus eine Kam­pagne zu fahren und das Som­mer­loch zu füllen. Friedrich Merz darf sich davon nicht beein­druck­en lassen und muss auch weit­er­hin den Fin­ger in die Wunde leg­en. Den anderen rate ich, sich ein­fach mal mit den ego­is­tis­chen Kom­mentaren zurückzuhalten.

 

  1. Die Ampel sorgte zulet­zt mit Debat­ten zur Eltern­geld­kürzung und wenig später mit der Über­legung zur Stre­ichung des Ehe­gat­ten­split­tings für Aufre­gung. Wie ist ihre Mei­n­ung dazu?

Das passt in das Bild der derzeit­i­gen Poli­tik der Umverteilung. Leis­tungsträger unser­er Gesellschaft wer­den benachteiligt, woge­gen Leis­tungsempfänger ohne Gegen­leis­tun­gen prof­i­tieren kön­nen. Das ist aber nichts Neues bei der SPD. Allerd­ings kon­nte die Union in den let­zten drei großen Koali­tio­nen Schlim­meres ver­hin­dern und solche Spielchen einkassieren. Jet­zt scheint es jedoch, dass sich die Sozialdemokrat­en vol­lkom­men aus­to­ben wollen. Eltern­geld und Ehe­gat­ten­split­ting sind und bleiben eine Erfol­gs­geschichte. Sie ent­las­ten ins­beson­dere junge Fam­i­lien und machen die Fam­i­lien­pla­nung sicher­er. Die kle­in­ste Zelle unser­er Gesellschaft wird damit gestärkt und Fam­i­lie und Beruf kön­nen bess­er vere­in­bart wer­den. Ger­ade junge erfol­gre­iche Frauen sind Gewin­ner dieser Errun­gen­schaften. Aber die Fam­i­lie ist für SPD und Grüne offen­sichtlich ein alt­back­enes kon­ser­v­a­tives Aus­lauf­mod­ell. Wichtiger scheint für sie, dass man zweimal im Jahr sein Geschlecht ändern kann und dass der Begriff Mut­ter und Vater ins poli­tisch Kor­rek­te über­set­zt wird. Gin­ge es nach den Ide­olo­gen inner­halb der Ampel-Regierung hieße es bald „aus­tra­gen­des Eltern­teil“ und „nicht-gebären­des Eltern­teil“ und jedes Indi­an­er-Kostüm im Kinder­garten wäre kul­turelle Aneignung.

 

  1. Der näch­ste Win­ter kommt bes­timmt und spätestens ab Sep­tem­ber wird das The­ma Energie die Schlagzeilen dominieren. Sind wir bess­er vor­bere­it­et als im ver­gan­genen Jahr?

Ich fürchte nicht. Uns fehlen die ver­lässliche Primären­ergie und die gesicherte Leis­tung in allen Sek­toren. Bish­er sind wir lei­der aus allem aus­gestiegen, ohne irgend­wo eingestiegen zu sein. Deutsch­land set­zt einzig und allein auf Wind und Solar, wohlwis­send, dass diese nur zu einem gerin­gen Teil zur gesicherten grund­last­fähi­gen Energiev­er­sorgung beitra­gen kön­nen. Wir wollen Vor­re­it­er sein, aber nie­mand auf der Welt fol­gt uns in die Sack­gasse. Unsere Energieab­hängigkeit nimmt nicht ab, son­dern wird von Jahr zu Jahr größer. Die völ­lige Fokussierung auf teuren Strom als Energi­eträger ohne die notweni­gen Voraus­set­zun­gen führt zwangsläu­fig zur Dein­dus­tri­al­isierung des Lan­des. Die Abwan­derung der Grund­stoffind­us­trie und der weit­er­ver­ar­bei­t­en­den Indus­trie ist kaum noch aufzuhal­ten und führt uns weit­er in die Mit­telmäßigkeit. Wohl­stand und Fortschritt wer­den darunter lei­den. Der Mit­tel­stand wird geschrumpft und die Woh­nun­gen bekom­men wir im Win­ter bald nicht mehr warm. Ich mache mir ern­sthafte Sor­gen um unsere Errungenschaften.

 

  1. Apro­pos Energie: Die Ver­ab­schiedung des Heizungs­ge­set­zes wurde vom Bun­desver­fas­sungs­gericht gestoppt. Nun kann es doch erst im Herb­st beschlossen wer­den. Was kön­nen die Bürg­erin­nen und Bürg­er im Land jet­zt von dem Gesetz erwarten?

Das juris­tis­che Stopp­schild war zwar fol­gerichtig, bezieht sich aber nur auf das Ver­fahren der Ein­bringung. Lei­der haben die Ampel-Koali­tio­nen angekündigt, im Sep­tem­ber das Gesetz unverän­dert wieder vorzule­gen. Damit wäre ein Inkraft­treten ab Jan­u­ar näch­sten Jahres möglich — mit drama­tis­chen Fol­gen für Haus­be­sitzer, Mieter und Ver­mi­eter. Es ist klar, dass im Wärme­sek­tor viel Poten­tial für Ressourcenef­fizienz steckt, jedoch würde man mit diesem Gesetz das Kind mit dem Bade auss­chüt­ten und wieder würde die staatliche Gän­gelei und Ver­bot­spoli­tik fort­ge­führt. Hier wer­den wir weit­er­hin mit voller Konzen­tra­tion dran­bleiben und Gegen­vorschläge machen. Let­z­tendlich entschei­den aber die Mehrheit­en im Bun­destag über das geplante Gesetz.

 

  1. In Ihrem Wahlkreis befind­et sich das PCK, eine der mod­ern­sten und fortschrit­tlich­sten Erdöl­raf­fine­r­ien Europas – jeden­falls bis zum frei­willig erk­lärten Öl-Embar­go der Bun­desregierung. Wie ist die Lage in der Raf­finer­ie? Wie geht es dem Wirtschafts­stan­dort Schwedt/ Oder?

PCK Schwedt wurde ohne jeglich­es Eigen­ver­schulden in die derzeit­ige Krise gestoßen. PCK war der ökonomis­che Platzhirsch unter den deutschen Raf­fine­r­ien. Das war den inter­na­tionalen Konkur­renten immer schon ein Dorn im Auge. Jet­zt hat der Platzhirsch eine Kugel im Pelz und man lässt ihn durch unter­lassene Hil­feleis­tung verbluten. Der frei­willige Verzicht auf rus­sis­ches Erdöl bringt die Raf­finer­ie in ern­sthafte Exis­ten­znöte. Die Ver­sorgungssicher­heit weit­er Teile Ost­deutsch­lands mit Kraft­stof­fen ste­ht auf dem Spiel. Wird PCK Schwedt der Mark­t­bere­ini­gung geopfert, hätte das nicht nur weitre­ichende Auswirkun­gen auf Schwedt und die Uck­er­mark, son­dern wäre mit ein­er zweit­en Dein­dus­tri­al­isierung Ost­deutsch­lands gle­ichzuset­zen. 4000 direk­te und indi­rek­te Arbeit­splätze wären gefährdet. Die Lebensleis­tung ganz­er Gen­er­a­tio­nen wird durch das Unver­mö­gen der Bun­desregierung gefährdet. Wenn so etwas im West­en unseres Lan­des stat­tfind­en würde, gäbe es einen lan­desweit­en Auf­schrei. Ich sehe außer mar­ginalen Schadens­be­gren­zun­gen keine wirk­same Unter­stützung für PCK Schwedt seit­ens der Poli­tik. Auf die war­men und wohlfeilen Worte von Scholz, Habeck, Kell­ner und Stein­bach fol­gen seit einem Jahr keine Tat­en. Ich habe den Ein­druck, dass die erfol­gre­iche Raf­finer­ie an der Oder bewusst fall­en gelassen wird – der Protest aus der Pots­damer Staatskan­zlei oder dem Schwedter Rathaus wird immer leiser.

 

  1. Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Schon Ende 2022 und Anfang 2023 ist Europas größte Volk­swirtschaft zwei Quar­tale in Folge geschrumpft. Wohin steuert unser Land?

Die Wirtschaft ste­ht vor riesi­gen Her­aus­forderun­gen. Indus­trie, Mit­tel­stand, Handw­erk, Land­wirte, Einzel­han­del und Klei­n­un­ternehmer in ganz Deutsch­land sehen die haus­gemachte wirtschaftliche Sit­u­a­tion in Deutsch­land mit­tler­weile als exis­tenzbedro­hend an. Das frei­willige nationale Embar­go auf rus­sis­ches Öl gegen PCK Schwedt ist nur die sicht­bare Spitze des Eis­berges, auf den die amtierende Bun­desregierung sehen­den Auges zus­teuert. Exor­bi­tante Energiepreise, fehlende Ver­sorgungssicher­heit, steigende Arbeit­slosigkeit, ausufer­nde Bürokratie, Ver­bote statt Unter­stützung und Igno­ranz physikalis­ch­er Fak­ten zu Gun­sten ide­ol­o­gis­ch­er Tagträumereien führen das gesamte Land in die näch­ste Dein­dus­tri­al­isierung. Wenn es keine sofor­tige Kursän­derung gibt, müssen sich die Bürg­er darauf ein­richt­en, dass der erar­beit­ete Wohl­stand nicht mehr zu hal­ten sein wird und die Lebensleis­tung ganz­er Gen­er­a­tio­nen inner­halb weniger Jahre zer­stört wird. Diese Bun­desregierung regiert — ange­führt von ein­er grü­nen Min­der­heit — das Land gegen die Inter­essen der Men­schen im Land. Ich befürchte daher ern­sthafte Schä­den für unser Gemein­wohl. Wenn wir nicht gegen­s­teuern, wer­den die Schä­den irrepara­bel bleiben. Aus­nahm­s­los alle Unternehmen benöti­gen poli­tis­che Rah­menbe­din­gun­gen und eine Ord­nungspoli­tik, mit der sich wie bish­er erfol­gre­ich und nach­haltig wirtschaften lässt. Mit welt­fremder Ide­olo­gie, Ver­boten und Gän­gelei, hohen Steuern und Energiepreisen kom­men wir nicht wieder an die Weltspitze.

 

  1. 2024 ste­hen für das Bun­des­land Bran­den­burg die Kom­mu­nal- und Land­tagswahlen an. Wie sehen Sie ihre Partei vor­bere­it­et und welche Chan­cen hat sie?

Die Vor­bere­itun­gen für die anste­hen­den Wahlen laufen bere­its auf Hoch­touren. Ich sehe die Union im Zugzwang. Sie muss mit klaren Botschaften und ver­ständlich­er Sprache den Men­schen die Zuver­sicht geben, dass sie nicht allein gelassen wer­den und wir eine gute Option sind. Protest­wahlen sind zwar ein pro­bates Mit­tel, die Unzufrieden­heit auszu­drück­en, aber man sollte doch stets vom Ende her denken. Was will ich mit mein­er Stimme erre­ichen? Verän­derung oder Protest? Wenn wir den Bürg­ern glaub­haft ver­mit­teln kön­nen, dass es erst um das Land geht, dann um die Partei und erst zum Schluss um den Poli­tik­er selb­st, dann gewin­nen wir möglicher­weise ver­lorenes Ver­trauen zurück. Der Lan­desvor­sitzende der CDU Bran­den­burg Jan Red­mann hat das Ziel aus­gegeben, die näch­ste Koali­tion im Land ohne die Grü­nen zu gestal­ten. Er legt den Anspruch an die CDU, mit inhaltlichen Ideen und zukun­ft­sori­en­tierten Konzepten im Land­tagswahlkampf zu überzeu­gen. Darauf lässt sich aufbauen.

 

Herr Koep­pen, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Foto © Jens Koeppen