Im Vorfeld der Bund-Länder-Konferenz zur zukünftigen Corona-Politik stand Jens Koeppen dem Uckermark Kurier für ein Interview zur Verfügung.
Welche Erwartungen mit der am 10. Februar bevorstehenden Konferenz der Ministerpräsidenten und des Kanzleramtes verbunden sind, dazu führte der Uckermark Kurier mit den uckermärkischen Bundestagspolitikern ein ausführliches Interview. Den vollständigen Artikel “Bundespolitiker im Interview” können Sie in der Print-Ausgabe vom 8. Februar 2021 der Tageszeitung Uckermark Kurier lesen. Einen Auszug aus dem Artikel erhalten Sie gern nachfolgend:
“1. Gehen Sie davon aus, dass im Ergebnis der Konferenz am 10. Februar die bestehenden Lockdown-Maßnahmen ab 15. Februar teilweise aufgehoben oder eher noch verschärft werden? Wenn, in welchen Teilbereichen?
Ich dränge sehr darauf, dass die Maßnahmen deutlich gelockert werden und hoffe, dass die Ministerpräsidenten und das Bundeskanzleramt entsprechend handeln. Die Zahl der Neuinfektionen hat sich gegenüber Dezember deutlich mehr als halbiert. Wir haben schon sehr lange kein exponentielles Wachstum mehr und auch die Intensivstationen leeren sich. Das Gesundheitswesen kommt in der Breite nicht an seine Grenzen. Ich sehe keinen Grund, warum die Grundrechte der Bürger sowie das soziale und wirtschaftliche Leben länger unverhältnismäßig eingeschränkt werden.
2. Die Corona-Pandemie gefährdet laut Statistik vor allem ältere Mitmenschen. In der Altersgruppe über 80 nehmen Covid 19-Erkrankungen nicht selten einen lebensbedrohlichen, auch tödlichen Verlauf. Sehen Sie diese Risikogruppen durch die bestehenden Maßnahmen ausreichend und punktgenau geschützt? Welche alternativen Vorschläge zu den Maßnahmen haben Sie möglicherweise?
Ich sehe die Risikogruppen ausreichend geschützt, jedoch gibt es bei Hochbetagten und anderen Risikogruppen keinen hundertprozentigen Schutz, egal vor welchem Virus oder vor welcher Krankheit. Lange wurden die Menschen einfach isoliert und konnten ihre Angehörigen nicht sehen, was ganz sicher nicht in ihrem Interesse lag. Laut RKI liegt das mittlere Sterbealter der Covid-Patienten bei 84 Jahren und die mittlere Lebenserwartung in Deutschland bei 81 Jahren. Das heißt, der Fokus muss noch stärker auf der älteren Bevölkerung liegen, um diese mit allen verfügbaren Kapazitäten besonders zu schützen und im Umkehrschluss den Menschen die Freiheiten zurückzugeben.
3. Homeschooling stellt Familien; Eltern wie Kinder, und Lehrer vor immense Herausforderungen. Welche Bedingungen müssten aus Ihrer Sicht erfüllt sein, um Schulen wieder für einen Regelbetrieb zu öffnen?
Die Schulen sind aus Sicht vieler Experten keine Infektionstreiber. Was den Kindern und Eltern gegenwärtig zugemutet wird, kann noch viele schwerwiegende Probleme nach sich ziehen. Für viele Kinder ist es ein verlorenes Jahr. Die Schulen müssen schnellstmöglich wieder in den Normalbetrieb! Dazu benötigt man ausreichend gesunde und motivierte Lehrer und ein ausgefeiltes Konzept, was ich insbesondere vom Brandenburgischen Bildungsministerium vermisse. Mein Eindruck ist, dass die Schulen und Schulträger sich oftmals selbst überlassen sind.
4. In den auch im Lockdown geöffneten Supermärkten können neben Lebensmitteln unter anderem Bekleidung, Schuhe, TV-Geräte, Kosmetikartikel erworben werden. Entsprechende Fachgeschäfte, in denen sich in der Regel weniger Kunden aufhalten und deren Anzahl sich steuern lässt, bleiben dagegen im Lockdown geschlossen. Wie begründen Sie dieses gegenüber den Einzelhändlern und Kunden?
Ich hoffe, dass die Geschäfte nach dem 10. Februar wieder öffnen können. Wenn die Hygienekonzepte im Lebensmitteleinzelhandel funktionieren, funktionieren die Hygienekonzepte auch bei anderen Verkaufsangeboten. Es kann hier keine Unterscheidung gemacht werden. Die Innenstädte drohen zu verwaisen, wenn der Einzelhandel stirbt.
5. Gastronomische Betriebe hatten bereits nach dem ersten Lockdown erheblich in Hygiene- und Abstandsmaßnahmen investiert. Eine Möglichkeit wäre es, diese für Vorreservierungen öffnen zu lassen. So könnten sie einerseits die Zahl der Gäste (Tische) begrenzen, andererseits besser den Einsatz von Personal und den Erwerb von Zutaten kalkulieren. Was halten Sie von dieser Alternative zur generellen Schließung?
Auch in der Gastronomie haben die auferlegten Hygienekonzepte funktioniert. Die Gastwirte haben viel Geld und Arbeit investiert, um regelkonform zu öffnen. Die Schließungen sollten das exponentielle Wachstum bei den Neuinfektionen brechen und sichern, dass jeder Einzelne weiterhin auf eine gute medizinische Betreuung im Krankheitsfall vertrauen kann. Da wir seit Monaten weder ein exponentielles Wachstum haben, noch unsere Intensivstationen überfüllt sind, sollten die strengen Maßnahmen endlich gelockert werden, sonst verlieren Menschen unverschuldet ihr Lebenswerk und uns geht die vorhande Struktur der Gastronomie für lange Zeit verloren.
6. Wie unterstützen Sie als Bundestagsabgeordneter gegenwärtig ganz konkret die Uckermärkerinnen und Uckermärker in dieser für alle so schwierigen Zeit?
Ich höre genau hin, investiere sehr viel Zeit für Gespräche und nehme mich ihren konkreten Anliegen an. Die Überbrückungshilfen lassen mancherorts zu lange auf sich warten. Manche Branchen, wie die Reisebüros, waren anfangs völlig außen vor. Die Sorgen und Nöte gebe ich umgehend an die Entscheidungsträger weiter. Hier muss jeweils schnell gehandelt werden, um Schlimmeres zu verhindern.
7. Wie halten Sie es gegenwärtig mit Ihrer Frisur?
Mein Haarschnitt ist mir in diesem Kontext einerlei. Das ist halt so, wie es ist. Viel mehr Sorgen mache ich mir um das gesamte Friseurhandwerk und andere körpernahe Dienstleistungen, wie Kosmetiker, Fußpfleger oder Physiotherapeuten. Viele junge Meisterinnen und Meister haben investiert und sich ihren Traum vom eigenen Unternehmen aufgebaut. Sie haben alle Vorschriften beachtet und in Hygienekonzepte investiert. Aus einem Friseursalon ist noch kein einziger Corona-Hotspot hervorgegangen. Es besteht die große Gefahr, dass viele Handwerker in die Schwarzarbeit getrieben werden.
8. Haben Sie persönlich bereits einen Urlaub in 2021 gebucht?
Ja, bereits im Dezember und ich hoffe sehr, dass alle Deutschen in diesem Jahr ihren wohlverdienten Familienurlaub antreten können. Jeder einzelne hat ihn sich mehr als verdient.
9. Wie, glauben Sie, werden die Uckermärkerinnen und Uckermärker das Osterfest 2021 erleben können?
Wenn alle zuständigen handelnden Personen mit Vernunft und Augenmaß und nicht ausschließlich mit der Angst agieren, werden wir das Fest der Hoffnung weitgehend so erleben, wie wir es gewöhnt sind. Sicherlich wird es noch Einschränkungen geben und die bekannten Abstands- und Hygieneregeln. Die Kontaktbeschränkungen gehören jedoch auf ein vertretbares Minimum reduziert.
10. Werden Sie sich impfen lassen. Gibt es, was die Corona-Schutzimpfung betrifft, eine Bevorzugung von Bundestagsabgeordneten, abweichend von dem bestehenden Priorisierung der Bevölkerungsgruppen (Impfverordnung? Sollten für Geimpfte Grundrechtseinschränkungen schneller aufgehoben werden können? Wenn ja, an welche denken Sie dabei?
Ich vertraue auf die Versprechen, dass es keine Impfpflicht geben wird — auch nicht durch die Hintertür, um damit anderen Einschränkungen entgehen zu können. So etwas hat in unserer liberalen Gesellschaft nichts verloren und dafür würde ich auch nie meine Zustimmung geben. Wenn den Menschen je nach Verfügbarkeit eines Impfstoffs ein Impfangebot gemacht wird, muss sich jeder selbst für oder gegen die Impfung entscheiden. Ich lehne es ab, dass auf die Bürger oder einzelne Berufsgruppen Druck ausgeübt wird, oder sie anderweitig beeinflusst werden.”
Quelle: Tageszeitung Uckermark Kurier, 08.02.2021
Foto @ Jens Koeppen
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